Der Todesblues mit der Schrotflinte

Earth sind einen langen Weg gegangen, um ein Album wie »Angels of Darkness, Demons of Light II« aufzunehmen. Die Band ist Kult, seit sie Anfang der Neunziger ihre Version von dekonstruiertem Metal präsentierte. Erstaunlich ist, dass von dem, was damals den Kult befeuerte, so gut wie nichts mehr übriggeblieben ist. Earth nannten sich so wie sich Black Sabbath nannten, bevor sie Black Sabbath wurden. Diese Huldigung ist verständlich, wenn man den frühen Sound von Earth kennt, mächtig schleppenden, fast rein instrumentalen Riffrock, der unter anderem einen gewissen Kurt Cobain begeisterte, der sich mit Dylan Carlson von Earth anfreundete. Carlson soll übrigens auch derjenige gewesen sein, der Cobain die Schrotflinte besorgt hat, mit der er seinem Leben ein Ende setzte.
Irgendwann verschwanden Earth, Carlson hatte mit Drogenproblemen zu kämpfen, Earth-Tribut-Bands wie SunnO))) wurden groß und immer mehr Legenden rankten sich um Earth. Seit ein paar Jahren ist Carlson jetzt wieder da mit seiner neu formierten Band. Aber der Metal, auch in seiner rudimentärsten Form, ist verschwunden. Auf dem neuen Album von Earth meint man, die schwarze Seele Amerikas erklingen zu hören. Beeinflusst von englischer Folktradition, in der es viel um Spuk und Hexen in dunklen Wäldern geht, präsentiert Carlson einen instrumentalen Todesblues, der sogar einen Dunkelmann wie Nick Cave wie einen Kölner Karnevals­prinzen wirken lässt.

Earth: Angels of Darkness, Demons of Light II (Southern Lord)