Berlin im Blindflug

»Berlin kriegt keinen hoch« titelte die Taz, nachdem am Dienstag voriger Woche bekannt geworden war, dass die Eröffnung des Flughafens Berlin-Brandenburg wegen Mängeln beim Brandschutz nicht wie geplant am 3. Juni stattfinden wird. Eine »Stadt mit Bodenhaftung« kommentierte der Tagesspiegel, auch dort zeigte man sich nicht überrascht. Beide Redaktionen haben ihren Sitz in Berlin, Pannen gehören in dieser Stadt zum Alltag. Die Taz erinnerte an den seit zwei Jahren bestehenden Notfahrplan der Berliner S-Bahn und daran, dass »der Hauptbahnhof, zu dem diese S-Bahnen dann fahren, ja leider auch nie ganz fertig geworden« ist. Der Tagesspiegel stellte allerdings fest: »Viele Städte besitzen Flughäfen, auch und gera­de Großstädte.« Unmöglich sei der Bau eines Flughafens also keineswegs, »vor allem wenn man sich 16 Jahre Zeit dafür nimmt«. Die FAZ bedauert die Verzögerung auch aus ökonomischen Gründen überhaupt nicht, denn: »Nur Arme fliegen nach Berlin.« Beim Spiegel findet man, das Flughafendebakel sei vor allem ein »Desaster« des Berliner Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit (SPD). Ein Krisenmanagement sei von ihm jedoch nicht zu erwarten, im »Winterchaos« von 2010, als »die halbe Stadt übers Glatteis schlitterte«, habe er auch nur den lapidaren Spruch gebracht: »Berlin ist nicht Haiti.« Bei seiner Regierungserklärung gab sich Wowereit zwar etwas zerknirscht, aber gewohnt leger. Man müsse sich fragen, »was denn der Aufsichtsrat gemacht hat«, sagte er. Dass Wowereit selbst dem Aufsichtrat der Airport-Gesellschaft vorsitzt, fand er wohl eher nebensächlich. Der Spiegel deckte nun nicht nur auf, dass die Baumängel schon seit 2010 bekannt waren, sondern zitiert auch aus einem Protokollentwurf, in dem »Alternativterminals in Zeltbauweise« zur Entlastung der Check-in-Schalter vorgeschlagen werden. In den Zelten sollten »hauptsächlich Türkeiverkehre (touristisch wie auch ethnisch) abgewickelt werden«. Und das ist der eigentliche Flughafenskandal.