Das Urteil zum Adoptionsrecht für homosexuelle Paare

Sorge ums Recht

Dass homosexuelle Paare weiterhin um die rechtliche Gleichstellung mit Hetero-Ehen kämpfen müssen, ist peinlich.

Überraschend war das Urteil des Bundesverfassungsgerichts nun wirklich nicht. Niemand, nicht einmal die CDU, hatte ernsthaft etwas anderes erwartet, als dass die Karlsruher Richter das Verbot der sogenannten Sukzessivadoption für ­homosexuelle Paare aufheben würden.
Zum einen gab es inhaltlich kein einziges Gegenargument. Wenn Ehegatten das Adoptivkind ­ihres Partners annehmen dürfen, warum sollte für eingetragene Lebenspartner etwas anderes gelten? Und warum kann ein leibliches Kind des Lebenspartners adoptiert werden, nicht aber ein Adoptivkind? Dem Kind bringt die Adoption jedenfalls nur Vorteile. Schließlich gilt es als eine sichere Angelegenheit, zwei Erziehungsberechtigte zu haben. Denn das heißt auch: zwei Unterhaltszahler, zweimal erbrechtliche Ansprüche. Und im Fall einer Trennung kann das Sorgerecht so geregelt werden, wie es für das Kind am besten ist.
Zum anderen hat das Verfassungsgericht in den vergangenen Jahren beinahe gebetsmühlenartig wiederholt, dass allein der besondere grundgesetzliche Schutz der Ehe keine Diskriminierung von eingetragenen Lebenspartnern erlaube. Eine Ungleichbehandlung nach der anderen musste der Gesetzgeber zurücknehmen. Bei der Hinterbliebenenversorgung im öffentlichen Dienst, bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer, beim beamtenrechtlichen Familienzuschlag, bei der Grunderwerbssteuer. Und noch vor der kommenden Bundestagswahl wird wohl auch das Ehegattensplitting, das Ehepaare bei der Einkommenssteuer begünstigt, für verfassungswidrig erklärt werden. Überraschend war das Urteil also nicht.
Dass es überhaupt ein Urteil geben musste, ist peinlich. Es ist ermüdend, dass sich homosexuelle Paare seit Inkrafttreten des Lebenspartnerschaftsgesetzes 2001 jeden einzelnen Schritt zur Gleichstellung mit Hetero-Ehen erkämpfen müssen. Und zwar durch alle Instanzen. Es ist peinlich und rechtsstaatlich fragwürdig, dass sich Bundesregierung und Bundestag lieber vom Verfassungsgericht treiben lassen, anstatt endlich die Ehe für alle zuzulassen. Und es ist lächerlich, dass immer noch, juristisch korrekt, von »eingetragener Lebenspartnerschaft«, womöglich von »verpartnern« gesprochen wird, anstatt von dem, was längst Alltag in vielen Familien ist: Heiraten und Kinder kriegen. Ehepaar und Eltern sein. Die Verfassungsrichter haben denn auch mahnende Worte gefunden: Auch zwei Väter oder Mütter können Eltern sein. Das Grundrecht auf Familie schützt auch dieses Zusammenleben. Und nein, man darf, kann und soll Kinder nicht vor Homosexualität »schützen«. Urteilen können die Verfassungsrichter jedoch immer nur in einem konkreten Fall. Das gemeinschaftliche Adoptionsrecht etwa stand hier schlicht nicht zur Debatte. Genauso wenig wie Mehreltern-Familien oder andere alternative Modelle. Diese Fragen muss der Gesetzgeber regeln. Das ist inzwischen bei fast allen Bundestagsfraktionen angekommen – nur in der CDU wird noch lautstark gestritten. Dabei geht es um ihr Kernthema: die Familie. Homosexuelle Paare wollen ein rechtlich geregeltes, staatlich anerkanntes Familienleben. Sie wollen, dass jemand, der morgens die Schulbrote schmiert und abends Gute-Nacht-Geschichten vorliest, auch juristisch der oder die Erziehungsberechtigte ist. Eigentlich auch ziemlich konservativ.