Sonne statt Flutlicht

Der Winter bisher war der graueste seit Beginn der Wetteraufzeichnung, sagt die Zeitung, und es spricht absolut nichts dafür, daran auch nur den geringsten Zweifel zu hegen. Doch plötzlich ist sie wieder da, die Sonne, und scheint über Berlin, als wäre ihr ihre lange Abwesenheit selbst ein wenig peinlich. Auch der Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark gleich neben dem Mauerpark, in dem am morgigen Sonntag wieder der wohl wuseligste Flohmarkt der Republik stattfinden wird, ist voller Menschen. Die wohl größte nach einem noto­rischen Antisemiten benannte Sportanlage Deutschlands scheint wie die ganze Stadt aus ihrem Winterschlaf erwacht zu sein. Menschen joggen, andere spielen Frisbee, wieder andere gehen einfach nur spazieren. Die meisten jedoch begeben sich in das kleinere der zwei Stadien des Sportparks, um endlich mal wieder bei schönem Wetter einer gediegenen Partie Fußball beizuwohnen. Auf dem Spielplan für heute steht die Begegnung zwischen dem SV Empor und der TuS Makkabi, die durchaus Spannung verspricht, weil die beiden Teams in der in dieser Saison außergewöhnlich ausgeglichenen Berlinliga nur drei Punkte voneinander trennen. Makkabi kann mit einem Sieg an Empor vorbeizuziehen. Wenn jedoch die Gastgeber gewinnen, könnten sie mit etwas Glück sogar bis auf einen Punkt an den Tabellenführer Stern 1900 aus Steglitz herankommen. Den meisten der knapp hundert Menschen, die sich teils auf der Schattenseite in strategischer Nähe zum Bierausschank, überwiegend jedoch auf der Sonnenseite des Spielfelds versammelt haben, scheint das aber gar nicht so wichtig zu sein. Einige unterhalten sich, andere genießen einfach die Sonne, und es wäre nicht Prenzlauer Berg, wenn nicht auch die eine oder andere Familie mit Kinderwagen herumspazieren würde. Dass Makkabi am Ende 3:0 gewinnt, registrieren die meisten wohlwollend bis schulterzuckend. Für Tränen oder Wutausbrüche ist das Wetter ohnehin viel zu gut.