Marnie Mania

Vielleicht haben sie sich gestritten. Vielleicht hat es künstlerische Differenzen gegeben. Oder er ist Vater geworden, will nicht mehr so viel unterwegs sein, man hört es ja so oft. Welche Gründe auch immer dazu geführt haben, Zach Hill und Marnie Stern gehen von nun an getrennte Wege.
Die Kombination war so grandios wie eigenwillig. Bis einschließlich »Marnie Stern«, ihrem dritten Album, zeichneten sich Sterns Songs auch dadurch aus, dass von allem grundsätzlich zu viel da war: Harmonie, Melodie, Ideen, Hibbeligkeit – aus einem einzigen Stern-Song hätten andere fünf gemacht. Weil sie ökonomischer mit ihrer Kreativität umgegangen wären. Weil sie ihrer ohnehin einzigartigen Handschrift nicht den minder prägnanten Stil eines anderen Musikers zur Seite gestellt hätten. Während Marnie Stern also ihre Gitarre mit Überschallgeschwindigkeit spielte, tappte und dazu einigermaßen exaltiert sang, drosch Zack Hill krachend verjazzt und zappelig auf das Schlagzeug ein, das Ganze überschlug sich.
Dass »The Chronicles of Marnia« mit einem anderen Schlagzeuger entstanden ist, erklärt nicht allein, wieso Marnie Stern das Ungestüme abhanden gekommen ist. Wieso plötzlich alles sortierter, aufgeräumter klingt. Stern hat zum ersten Mal mit einem Produzenten zusammengearbeitet. Manche mögen es Professionalisierung nennen, vielleicht hätte sie es nicht tun sollen. »The Chronicles of Marnia« hätte mehr sein können als die Einladung, sich Marnie Sterns alte Alben wieder einmal ­anzuhören.

Marnie Stern: The Chronicles Of Marnia. Kill Rock Stars/Cargo