Gottes garstige Minderheit

Pastor, Sänger und Unternehmer – so stellt sich Marco Feliciano gerne vor. Er predigt wöchentlich im Fernsehen, ver­öffentlichte unzählige Bücher und DVDs mit seiner frohen Botschaft und auch vor einem Album mit christlichen Schnulzen schreckte er nicht zurück. Feliciano ist ein Superstar der Pfingstler in Brasilien. Nebenher vertritt er die Splitterpartei Partido Social Cristão (PSC) in der Abgeordnetenkammer. Da die Christsozialen Koalitionspartner der regierenden Arbeiterpartei sind, der auch die brasilianische Präsidentin Dilma Rousseff angehört, erhielten sie Anfang März den Vorsitz über die Kommission für Menschenrechte und Minderheiten. Der PSC schlug gleich Feliciano vor, der seine Qualifikation für dieses Amt bereits oft unter Beweis gestellt hat. Feministinnen warf der Pastor in einem aktuellen Fernsehinterview die Zerstörung der Familie vor, die brasilianische Gesellschaft werde dadurch immer homosexueller. Die Verdorbenheit homosexueller Gefühle führe zu Hass, Verbrechen und Ablehnung, twitterte er 2009. Auch außerhalb Brasiliens erkennt der Gottesfürchtige Sünder: Schwarze Afrikaner seien von Noah verflucht, auf dem Kontinent liege der Fluch von Heidentum und Okkultismus, Hunger und Seuchen, behauptete er vor zwei Jahren. Außerdem sind ihm Menschenrechte für Sexualstraftäter ein Graus, zum Schutz der Gesellschaft empfiehlt er deren chemische Kastration.
Kaum war die Nominierung Felicianos für den Kommissionsvorsitz bekannt geworden, regte sich breiter Protest. Am Tag seiner Wahl gab es landesweit Demonstrationen, der Generalstaatsanwalt erhob Anklage gegen ihn wegen Diskriminierung. Trotzdem wurde der Pastor einstimmig, bei sechs Enthaltungen, unter Ausschluss der Öffentlichkeit gewählt. Es folgte eine Petition von zahlreichen Abgeordneten für eine Amtsenthebung, seine Ernennung nannten sie beschämend. Der Pastor selbst kann die Aufregung und andauernden Proteste nicht nachvollziehen. Gerüchte um seinen Rücktritt, nachdem die erste öffentliche Sitzung der Kommission heftig gestört worden war, dementierte er. Er sei in sozialen Netzwerken mit dem Tod bedroht worden und seine Familie habe Todesangst gehabt, nachdem Demonstranten nach der Wahl sein Auto umstellt hatten, behauptete er. Dabei sei er doch gar nicht rassistisch und homophob. Schon Monate zuvor stellte er klar: »Wir lieben Homosexuelle, aber verabscheuen ihre Praktiken.«