Meine schnönste Niederlage

In den Sand gesetzt

Die hellen, nahezu zeichnungslosen Zaunleguane aus den Dünen im Grenzgebiet zwischen der Chihuahua-Wüste und den Great Plains waren kürzlich erst als eigene Art erkannt worden: winzige, verhuschte, unauffällige Echsen ohne jede Besonderheit. Die musste ich fotografieren! Mein Reisebegleiter Lars fand das nicht sehr einsichtig. Vor allem, warum wir deswegen in die Monaha Sand Hills fahren sollten: »Vor einem Jahr wärst du noch nicht hergefahren, weil es nur etwas anders aussehende Zaunleguane gewesen wären. Jetzt sehen sie immer noch genauso aus, und nun musst du sie fotografieren?« Ich zuckte mit den Schultern. »Es ist was Persönliches«, antwortete ich. Er beließ es dabei. Das macht einen guten Reisebegleiter aus. »Warum nicht Monaha Sand Hills«, murmelte er, »da war bestimmt noch nie ein Europäer.«
 

Die großen Sanddünen in West-Texas liegen mitten in einer bemerkenswert ereignislosen Halbwüstenlandschaft. Die größte Sensation der Region sind regelmäßige Ufo-Sichtungen. Es ist erstaunlich anstrengend, durch Sanddünen zu wandern. Zumal bei 40 Grad. Wir schleppten uns durch den losen Sand, bekamen immer mal wieder eine Sandböe ins Gesicht, deren Körner dann im Schweiß an der Haut klebten, ganz zu schweigen vom Sand in unseren Augen, Ohren, im Mund. Wir waren im Sand und wurden eins mit dem Sand. Und es wurde gegen Mittag immer heißer. Lars gab auf und ging zurück, ich machte alleine weiter. Die Sonne stand schon im Zenit, mein Wasservorrat war erschöpft, mir ging die Puste aus. Mir wurde schwindelig. Verdammt, Anfängerfehler. Nie ohne ausreichend Wasser in die Wüste, hundertfach gelesen, und nun saß ich irgendwo in den Dünen, vor meinem Auge hüpften kleine Kreise und Spiralen, ich konnte die sengende Sonne auf meinem Kopf kaum noch ertragen. Und dann die Erkenntnis: Es gibt hier keinen Schatten. Ich musste irgendwie den Kopf aus der Sonne kriegen. Die Büsche! Niedrige, dornige, stark verholzte, extrem dichte Büsche, die Lebensgrundlage der Stachelleguane. Ich seufzte. Es piekste und kratzte höllisch, als ich meinen Kopf hinein schob, aber es klappte. Am Ende lag ich bäuchlings auf dem heißen Sand, den Kopf tief in einem dorren Büschlein versteckt. So überstand ich die schlimmste Mittagshitze. Als ich wieder halbwegs klar war, torkelte ich Richtung Parkplatz zurück. Kurz bevor ich ankam, huschte etwas Kleines, Bleiches vor mir in einen Busch und verschwand dort auf Nimmerwiedersehen. Verdammt. So schnell konnte ich die Kamera nicht zücken. Es blieb mein einziger Sandhill-Zaunleguan.
 

»Und – sehr schlimm?«, fragte Lars danach. »Nein«, murmelte ich, »dann eben beim nächsten Mal.« »Beim nächsten Mal? Du willst noch mal in diese gottverlassene Ecke hier? Wegen dieser Sandhügel?«, fragte er ungläubig.« »Selbstverständlich«, antwortete ich.