Functional food

Was hält die Zukunft des Essens bereit? Erdbeeren mit integrierter Kopfschmerztablette und Maissorten, die im Magen zu Popcorn explodieren, stehen kurz vor der Marktreife; und bald wird unser Essen so gesund sein, dass es krank wird, weil giftdurchsetzte Genmonster wie wir davon essen. Solange die Lebensmittel aber noch ihre evolutionären biologischen Eigenschaften haben, werden sie mit Großmutterweisheiten inszeniert werden, wird Spinat Blut bilden, Fleisch ein Stück Lebenskraft sein und Fisch klug und »sexy« machen. Letzteres behauptet die Kampagne des Grätenbraters Nordsee: Zu sehen ist je eine weibliche und männliche Blondine, welche, frei von Charme und Erotik, drauf und dran sind, in eine der Stinkbomben zu beißen, die der Konzern »Wikinger« oder »BBQ-Lachs-Ciabatta« getauft hat. Den Ekel hat man aus den Modelgesichtern rausretouchiert; nichts soll sie stören, die Hochzeit von Fisch und Fleisch, totem Tier und totem Hirn – doch scheitert sie schon optisch. Die vage Idee, der reizlosen Nackerten näherzukommen, muss totgeschlagen werden von der Vorstellung, sie ströme jenes Miasma von Mayonnaise und Bratfett aus, welches bundesweit Bahnhöfe und Einkaufszonen heimsucht. Bei der Nordsee-PR stinkt der Fisch wohl vom Kopf: Voriges Jahr wollten sie die »Alternative zu Burger, Currywurst und Pizza« sein, nun werben sie für Sex mit Fischen. Andererseits wird der Anblick der leidenschaftslosen, geistentleerten Modelgesichter und die unweigerliche Assoziation mit dem entsetzlichen Odeur der Gekröseburger in ihren Händen vielleicht mehr Leute für den Vegetarismus gewinnen, als es die Geschmacklosigkeiten von Peta je könnten.

Leo Fischer ist Chefredakteur des Satiremagazins Titanic.