Streit um eine antirassistische Ausstellung in Linz

Ein Fall von lechts und rinks

In Linz sind Bilder einer Ausstellung über Antiziganismus als rassistisch eingestuft und von der Polizei entfernt worden.

Am 14. April, einem Sonntag, ging es kulturell hoch her in der Linzer Altstadt. Unter dem Titel »Das Dorf in der Stadt« wurde dem »Megatrend« Regionalismus gefrönt: Offene Hinterhofateliers und bedruckte Luftballons, Cocktails, ein Spritzer Bo­hè­me, und der Hofberg wurde zum kleinen Montmartre. Inmitten dieser dekretierten, aber nicht unsympathischen Stadtteilbelebung gab es eine Freiluftausstellung mit anderer Zielsetzung: Der Kulturverein Stadtwerkstatt veranstaltete mit der Galerie Hofkabinett eine Schau mit Collagen der Künstlerin Marika Schmiedt an einem Baustellenzaun. Unter dem Titel »Die Gedanken sind frei« thematisierte sie darin als Romni Verfolgung und Diskriminierung von Roma in Europa.

Ihre Werke konfrontieren das Publikum plakativ und intensiv mit antiziganistischen Tendenzen vor allem in Ungarn, indem sie diese durch drastische Bilder skandalisieren. Das geschieht unter anderem in Form von Collagen, die Verbrennungsöfen in Konzentrationslagern, auf Hakenkreuze gespannte Menschen und »Zigeunersalamis« mit dem Konterfei Viktor Orbáns, des nationalistischen ungarischen Ministerpräsidenten, auf der Banderole zeigen. Die Bilder sollen schockieren und taten dies auch. Allerdings fühlte sich bereits wenige Stunden nach dem Anbringen der Plakate und kurz vor der Eröffnung der Ausstellung die gegenüber dem Baustellenzaun wohnende Fremdenführerin ungarischer Herkunft, Beate Hofstadler, gestört – nicht durch die skandalösen Zustände, die die Plakate thematisierten, sondern dadurch, dass Ungarns Staat und Gesellschaft kritisiert wurden. Dies legte zumindest der Umstand nahe, dass sie nur diejenigen Plakate zu entfernen versuchte, die den ungarischen Nationalismus anprangerten. Auf Schmiedts Blog war später eine Antwort Hof­stadlers vom 20. April zu lesen, in der sie sich beschwert, die Künstlerin praktiziere Rassismus, »und zwar gegen die Ungarn«, und die Plakate seien »Diffamierungen des ungarischen Volkes«. Hofstadler schaltete die Rechtsanwältin Eva Barki ein, die schon mehrfach gegen die »Verunglimpfung ihrer Heimat« aufgetreten ist.

Die Ausstellung selbst war vom Linzer Kulturdirektor Julius Stieber in zufälligem Beisein des amtierenden Bürgermeisters eröffnet worden. Den Reaktionen des Publikums nach zu urteilen, verstand es durchaus die antirassistische Intention der Ausstellung. Zugleich war sich die ausstellende Künstlerin dessen bewusst, was mit den Bildern geschehen könnte, wenn sie dem öffentlichen Raum übergeben werden. So sollten auch die Reaktionen auf die Bilder dokumentiert werden, einschließlich des Abreißens und möglicher rassistischer Kommentare.
Allerdings hing bereits am folgenden Dienstagvormittag keines der 31 Plakate mehr am Zaun. Auf eine Anzeige jener Fremdenführerin hin, deren Chauvinismus offenbar empfindlich touchiert worden war, hatte sich die Polizei der Sache angenommen und die Bilder entfernt, nachdem der Verfassungsschutz diese als rassistisch eingestuft hatte. Dadurch, dass nicht unterschieden wird, in welcher Absicht diskriminierende Symbole verwendet werden, wird die Kritik auf eine Stufe mit dem Kritisierten gestellt. Dies geschieht gemäß der totalitarismustheoretischen Ideologie, wonach alle Extremismen gleich zu behandeln seien. Dass es nicht nur in Österreich eine gewisse Tradition hat, »lechts und rinks« zu »velwechsern« (Ernst Jandl), beweisen auch die Verurteilungen von Antifaschistinnen und Antifaschisten in Deutschland vor einigen Jahren aufgrund der Verwendung rechtsextremer Symbole auf De­mons­trationen, etwa durchgestrichener Hakenkreuze. Im Fall von Schmiedts Ausstellung fehlt bislang eine Stellungnahme der zuständigen Behörden, die Forderung nach einer Begründung für ihr Vorgehen blieb unbeantwortet. Auf eine erneute Anfrage bei der Polizei hin wurde einem Vorstandsmitglied der Stadtwerkstatt am Dienstag voriger Woche mitgeteilt, die Künstlerin sei angerufen und gefragt worden, ob die Plakate entsorgt werden könnten – eine glatte Lüge.