Helmut Kohl war Sozialist

Am Wochenende veranstaltete die FDP in Nürnberg ihren Programmparteitag für die Bundestagswahl. Mit überschaubarem Ergebnis. 2009 versprach die Partei Steuersenkungen, 2013 beschränkt sie sich darauf, die Steuerpläne von SPD und Grünen zu attackieren. Bei der monothematischen FDP ist das nicht überraschend, aber angesichts von Umfragewerten knapp unter der Fünf-Prozent-Hürde durchaus »riskant« (Spiegel Online). Mutig waren zumindest die Auftritte des Parteivorsitzenden Philipp Rösler und des Spitzenkandidaten Rainer Brüderle. »Das Monster von Loch Ness lebt. Nessie lebt. Es ist ein Junge, 66 Jahre alt und heißt Peer Steinbrück«, beschrieb Rösler den SPD-Kanzlerkandidaten. Und Jürgen Trittin (Grüne) sei »der böse Räuber Hotzenplotz«. Pech für die FDP, dass Vierjährige hierzulande noch nicht wählen dürfen. Brüderle kümmerte sich um die ältere Klientel, er bezeichnete die Grünen als »Jakobiner«, Steinbrück sei ein »Zauberlehrling«, und dann beschimpfte er die saarländische Ministerpräsidenten Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) als »schwarz lackierte Sozialistin« (SZ), weil sie vorgeschlagen hatte, den Spitzensteuersatz auf das Niveau der Regierungszeit von Helmut Kohl zu heben. Ob es CDU-Anhänger, denen Angela Merkel nicht konservativ genug ist, goutieren, wenn man ihr Idol Helmut Kohl unter Sozialismusverdacht stellt, sei dahingestellt. Auf dem Parteitag wurde die gesetzliche Frauenquote abgelehnt und zur Gleichstellung berufstätiger Frauen fiel der FDP erst gar nichts ein. So gewinnt man Wählerinnen. Einen »Paukenschlag« machte die Welt aus, weil sich 57 Prozent der Delegierten für eine Lohnuntergrenze in Branchen und Regionen aussprachen. Es ist müßig zu erklären, dass das kein flächendeckender Mindestlohn ist. Das sei lediglich eine »moderate Anpassung an das wirkliche Leben«, findet die SZ. Räuber Hotzenplotz, Nessie oder der Sozi Helmut Kohl werden wohl keinen Realitätscheck überstehen.