Wer da spricht

Die Metamorphose vom College-Dropout zum Pelzmantel tragenden Posterboy wurde rasch vollzogen. Kanye West stieg binnen kürzester Zeit vom aufstrebenden Rapper zum musikalischen Genie und größenwahnsinnigen Modedesigner auf, der es wie kaum ein anderer vermag, Arroganz und Selbstverliebtheit mit Sozialkritik zusammenzubringen. All der Luxus, all die schönen Menschen, der ganze Zirkus einer teuren Warenwelt, die er sein Zuhause nennt, eröffneten ihm auch die Möglichkeit, seine kritischen Anliegen in 66 Großstädten der westlichen Welt vorzutragen. Es waren Medienspektakel: Der Track »New Slaves« wurde auf Häuserwände projiziert und klagte so über die Macht des Konsums, die Menschen in eine neue Form der Sklaverei getrieben habe. Ist das nicht so, als ob Bono von U2, Bob Geldof und Herbert Grönemeyer imagewirksam gegen Armut ansängen? Halleluja, man sollte mal wieder die Sprecherposition in Stellung bringen. Und damit wären wir dann wirklich ganz woanders.   oko
Im Halbkreis der Familie
Hach, wie schön es doch ist, den eigenen Tagesablauf am Fernsehprogramm auszurichten. Seit nunmehr 60 Jahren finden wir uns doch alle tagtäglich im Kreise unserer Lieben ein, schalten den Fernseher um Punkt 20 Uhr an, um die »Tagesschau« zu gucken. Die Sendung ist eine journalistische und kulturelle Institution, ein scheinbar fast alternativloses Modell höchstsachlicher Berichterstattung, dessen Genuss Bürgerpflicht ist. Naja, unter Umständen sind diese Zeiten passé, was Claus Kleber zunächst zu der suspekten Einschätzung bewog, die »Tagesschau« habe sich überlebt. Aber Kleber wollte nachlegen und lästerte bei einer Veranstaltung der Kreissparkasse Waiblingen, also am Nabel der Welt, weiter: »Das trockene Nachrichtenablesen gibt es heutzutage nur noch um 20 Uhr und im koreanischen Fernsehen.« Autsch! Zum Glück kann es sich Kleber, der als geschmeidig cooler Anchorman des »Heute-Journals« mit allen Wassern moderner Lockerheit gewaschen ist, leisten.   oko
Kunst und Raum
Die Straßen sollen geflutet werden. Überschwemmt mit Bildern, von allen Wänden sollen sie starren. Eine verwegene Idee, geplant ohne Hintergedanken, versteht sich. Er wolle den Briten nur ihr großartiges Erbe vor Augen führen, mit beispielsweise David Hockney an der Bushaltestelle ein paar Heranwachsende dafür begeistern, Kunsthochschulen zu besuchen, meint Richard Reed, schöngeistiger Mitbegründer einer britischen Getränkefirma. Der öffentliche Raum soll für zwei Wochen zur Galerie werden. Im August werden deshalb 15 000 Reklame­tafeln mit Reproduktionen berühmter, natürlich ausschließlich britische, Kunstwerke beklebt werden. 100 Werke wurden vorgeschlagen, 50 sollen ausgewählt werden, finanziert wird »Art Everywhere« durch Crowdfunding. Auf die Idee sei Reed übrigens auf seinem Arbeitsweg gekommen. Einen Monat lang habe ein Bild, so ganz ohne Logo, an einer Wand gehangen – das hat Reed gefallen. Mal sehen, wie viel Streetart der großen Kunst im August weichen muss.   oko
Einfach mal zuschlagen
Ärger im Paradies: Wladimir Putin und seine Ehefrau Ljudmila lassen sich scheiden. Extrem positiv: Wladimir findet fortan sicherlich noch mehr Zeit, um sich mit seinem alten Kumpel, dem Schauspieler Steven Seagal, zu treffen. Die Liebe zum Kampfsport verbindet sie, Putin schlägt vielleicht ebenso gern zu wie Seagal, der, bekannt aus Filmen wie »Deadly Revenge« und »Out For A Kill«, sein Gesicht nun an eine russische Waffenschmiede verpachten wird. Seagal geht in die Werbung und preist russische Maschinengewehre. Da wächst zusammen, was zusammengehört.   oko