Die NPD vor der Bundestagswahl

Gurken ohne Unterschriften

Schlechter könnte die Lage für die NPD vor der Bundestagswahl kaum sein: Die Konkurrenz ist groß, das Verhältnis zu parteilosen Nazis zerrüttet und in Bayern darf die Partei nicht überall zur Landtagswahl antreten.

Bis zuletzt hatte die NPD gekämpft: Eine Unterschriftensammlung sollte sicherstellen, dass die Partei überall in Bayern zur Landtagswahl am 12. September antreten kann. Doch dem Spiegel zufolge konnte die NPD gerade in den bevölkerungsstarken Wahlkreisen nicht die nötige Anzahl an Unterstützern aufbringen. Damit kann die ohnehin schon klamme Partei ihre Hoffnung auf Erstattung der Wahlkampfkosten wahrscheinlich aufgeben. Denn der dafür nötige Stimmenanteil von einem Prozent ist kaum noch zu erreichen. Dabei wurde die oberste Parteiprominenz eingesetzt. Der NPD-Generalsekretär Peter Marx und der stellvertretende Bundesvorsitzende Udo Pastörs sollten zusammen mit etwa 40 weiteren Parteimitgliedern aus anderen Bundesländern für ausreichende Unterstützung im Freistaat sorgen. Zusätzlich ließ die Partei fünf Euro pro Unterschrift für die Sammler springen, wie der bayrische Landesvorsitzende Karl Richter gestand. Der Bundesvorsitzende Holger Apfel bemüht sich in einer Pressemitteilung um die Relativierung der Niederlage. Die Hürde zum Wahlantritt sei zwar »nur teilweise geschafft«, aber nun dürfe man »die eigene Schlagkraft nicht durch Debatten lähmen«, verkündete er in der Parteizeitung Deutsche Stimme. Der ehemalige NPD-Vorsitzende Udo Voigt, der für seine Nähe zu den Kameradschaften bekannt ist, wird im Spiegel hingegen wie folgt zitiert: »Das sind eindeutige Organisationsmängel, das hätte nicht passieren dürfen, ich hätte das zur Chefsache gemacht.« Diese Kritik an Apfel dürfte bei den Mitgliedern und Sympathisanten des Freien Netzes Süd gut angekommen sein. »Viel zu spät richtete Apfel einen Appell an andere Landesverbände«, heißt es auf der Internetseite der Dachorganisation baye­rischer Kameradschaften. Außerdem könne es nicht sein, dass der Parteivorsitzende und andere »Spitzenfunktionäre« während der Unterschriftensammlung in den Urlaub führen. Aber überrascht zeigen sich die bayerischen Neonazis nicht. Zu gut wisse man, dass die Parteioberen gern »auf Kosten der Basis Champagner im Fliederduftbad trinken und den Kameraden im Schützengraben Bescheid sagen, dass die Kampfkraft zu wünschen übrig lasse«. Im Grunde habe man für die NPD mit ihrer »seriösen Radikalität« nichts mehr übrig und wünsche ihr das »Null-Komma-Ghetto«. Die Funktionäre der NPD bezeichnen die Schreiber des Freien Netzes Süd als eine »Wildschwein-Gurkentruppe«, die Jungen Nationaldemokraten hätten sich als »aktivistische Rohrkrepierer« erwiesen. Nachdem sich die Partei seit der Wahl Apfels zum Bundesvorsitzenden im Jahr 2011 um »seriöse Radikalität« – weniger allzu offensichtliche Naziideologie, mehr vom Image der netten Leute von nebenan – bemüht hat, kommt es immer wieder zu Auseinandersetzungen mit den sogenannten Freien Kräften. Von diesem Konflikt versucht die von Christian Worch und ehemaligen DVU-Mitgliedern im vergangenen Jahr gegründete und vergangene Woche offiziell zur Bundestagswahl zugelassene Partei »Die Rechte« zu profitieren. Obwohl die Kleinstpartei, wie sie selbst vor dem Bundeswahlausschuss angab, deutschlandweit nur 364 Mitglieder hat, übt der Vorsitzende Worch schon einmal die Auseinandersetzung mit der NPD. So kam es am 30. Juni im rechtsextremen »Netzradio Germania« zu einem Rededuell zwischen dem Bundesschatzmeister der NPD, Christian Storr, und Worch, bei dem nach Einschätzung der rechtsextremen Website »Dortmund-Echo« der NPD-Vertreter schlecht abschnitt, da »Die Rechte«, anders als die NPD, an einer Zusammenarbeit mit freien Kräften interessiert sei. Wahrscheinlich verlor die NPD durch diese Abkehr der Freien Kräfte einen Teil ihrer Helfer, die sie für die niederen Tätigkeiten auch auf den Straßen in Bayern hätte gebrauchen können. Der peinliche Wahlkampfbeginn im Süden der Republik dürfte sich auch auf die Bundestagswahl im September auswirken, auf die sich die NPD seit einiger Zeit vorbereitet. Die Kampagne trägt den Titel »Natürlich Deutsch«. Auf dem zugehörigen Merchandise-Material stellt die Partei unter anderem ihre Vorliebe für kleine blonde Mädchen zur Schau. Daneben gibt es Plakate und Flyer, für deren Gestaltung die Verantwortlichen besonders tief in die Trickkiste gegriffen haben, um die poetischen und humoristischen Neigungen ihrer Wähler anzusprechen. Mit Slogans wie »Maria statt Sharia« oder »Geld für die Oma – Statt für Sinti und Roma« beweist die NPD zumindest Bereitschaft zur Realsatire. Das größte Wahlkampfthema für die Partei dürfte ­jedoch die Ablehnung des Euro werden. Schon seit April 2011 wollen sich die Nationaldemokraten mit der themenbezogenen Website »Raus aus dem Euro« als Retter des »Volksvermögens« darstellen. Das gelobt zumindest der schleswig-holsteinische Landespressesprecher der NPD, Jörn Lemke, auf der Homepage und gibt zu bedenken: »Ob Rot-Grün oder Schwarz-Gelb – alle vergeuden unser Geld.« Neben den altbekannten »Eurokraten« gibt es einen neuen Feind. Die dieses Jahr gegründete Alternative für Deutschland (AfD) könnte mit ihrer antieuropäischen Propaganda der NPD Wähler streitig machen. Auf einschlägigen Internetseiten wird die neue Partei bereits anerkennend erwähnt. Auf der Homepage »Kompakt-Nachrichten« – Slogan der Seite: »Wir sprechen Deutsch!« – ist beispielsweise zu lesen, dass die AfD »sich zunehmend zu einer Gefahr für die im Bundestag praktizierte Politik entwickelt«. Bei der Jungen Freiheit ist man so begeistert, dass man der neuen Partei gleich ein ganzes Online-Dossier widmet und ihren Werdegang auf Schritt und Tritt begleitet. Die NPD hatte lange versucht, die missliebige Konkurrenz einfach zu ignorieren, aber im Juni beschäftigte Lemke sich auf der parteinahen Anti-Euro-Seite doch mit der AfD unter der Überschrift: »Die pseudo-eurokritische Mogelpackung hat sich selbst entlarvt.« In seinem Text behauptet er, dass die NPD die »echte Alternative« im Kampf gegen EU und Euro sei. Darüber hinaus schreibt Lemke, dass die »AfD von kaum jemanden ernst genommen« werde und ihr Vorsitzender mit seinem »seichten euro-kritischen Ge­töse« niemanden begeistern könne. Letzteres trifft jedoch eher auf die NPD selbst zu. Während die AfD in aktuellen Umfragen vom Emnid bundesweit auf zwei, Allensbach zufolge sogar auf drei Prozent kommt, schafft es die NPD bei beiden Meinungsforschungsinstituten nicht aus der Kategorie »Sonstige« heraus.