Berlin Beatet Bestes. Folge 202

Wie Socken in der Waschmaschine

Berlin Beatet Bestes. Folge 202. Diana: Ich hab’ Lust (1979). Von Andreas Michalke

Warum sammeln Menschen? Ich habe schon als Kind ­verschiedene Dinge gesammelt. Als dann später liebgewonnene Menschen plötzlich aus meinem Leben verschwanden, begann ich noch intensiver zu sammeln. Verlust ist sicherlich einer der Gründe dafür. Menschen kommen und gehen, Dinge bleiben. Bis auf wenige Ausnahmen ist meine Sammlung gewachsen, ohne dass ich jemals Teile daraus verloren hätte. Und so ist meine fast 10 000 Singles umfassende Sammlung auch immer noch geordnet: grob chronologisch entlang meiner eigenen Geschichte.
Ich kann mich genau an die wenigen Platten erinnern, die mir abhanden gekommen sind. 1982 verkaufte ich einige Rockabilly-Platten. In den späten Siebzigern war ich zum Teddy Boy mutiert, aber später ödete mich diese rückwärts­gewandte Musik an. Wer braucht noch Gene Vincent, wenn man Depeche Mode und Black Flag hören kann? Das war wohl etwas voreilig, denn später kaufte ich jede Capitol-Single von Gene Vincent, die ich finden konnte. Mein Exemplar der ersten Stray-Cats-LP vertauschte ich beim Auflegen Ende der Neunziger. Erst zu Hause entdeckte ich auf dem Cover einen kleinen Rubbelaufkleber, der da vorher nicht war. Jetzt hatte ich das Exemplar eines anderen DJs, was eigentlich egal ist, denn die LP hatte eine Millionenauflage. Es ist bloß nicht mehr »meine« Platte, die ich mir als 15jähriger gekauft habe. Mitte der Neunziger kam mir die »Bugged« 10-Inch der japanischen Surf-Band Mach Kung Fu beim Auflegen im Pudel Club in Hamburg abhanden. Diese rote Scheibe zählt zu den rohesten Surf-Platten der Neunziger. Als japanische Originalpressung ist sie mittlerweile nicht mehr leicht wiederzubeschaffen. Ebenfalls beim Auflegen ist vor zwei Jahren eine Jimmie-Lunceford-EP des deutschen Brunswick-Labels verschwunden wie sonst nur Socken in der Waschmaschine. Auch ärgerlich, weil das Orchester von ­Jimmie Lunceford zu den besten Swing-Orchestern der dreißiger und vierziger Jahre gehört. Auf Ebay sehe ich die EP zwar öfters, aber ich kaufe nichts im Internet, und so muss ich wohl warten, bis sie mir irgendwo wieder in die Hände fällt.
Und dann ist da noch die Single von Diana, die wohl schmutzigste Platte meiner Sammlung. Sie stellt eines der Highlights meines Blogs dar. Diana ist ein Transvestit und singt in einer herrlich heiteren, aber explizit pornographischen Weise über Geschlechtsverkehr, als wäre sie aus einem Ralf-König-Comic ­gesprungen. Es ist eine ganz großartige, sonderbare und sehr seltene Single. Die fiel mir eines Tages aus dem Regal und zerbrach. Zum Glück hatte ich sie vorher digitalisiert und auf meinem Blog gepostet. Das Original war dennoch verloren. Bis mein Freund Frank unlängst bei einem Besuch ein neues Exemplar hervorzauberte! Er hatte die Single in einem Trödelladen entdeckt. Schön, dass Diana wieder in mein Leben zurückgekehrt ist.
»Ich bin berauscht wie von Heroin/steckt erst dein Schwanz ganz tief in mir drin/Du lässt mir niemals Ruh/Komm und stoß zu.«
Mein Name ist Andreas Michalke. Ich zeichne den Comic »Bigbeatland« und sammle Platten aus allen Perioden der Pop- und Rockmusik. Auf meinem Blog Berlin Beatet Bestes (http://mischalke04.wordpress.com/) stelle ich Platten vor, die ich billig auf Flohmärkten gekauft habe.