Talmi

Jung & versaut

Bücher könnte man füllen, wollte man die Infamie der Jugendzeitschrift Neon darstellen, die Wolken an Gemeinheit und Gegenaufklärung, die das erfolgreiche Presseprodukt aus der Stern-Familie ins Land pustet – die ranschmeißerische Kumpelhaftigkeit in den Kolumnen; die falsche Kritik in den Konsumreportagen; die Ödnis der hochgesexten Erfahrungsberichte (»Unsere Autorin hatte Sex im Hühnerstall – und weiß jetzt, wo der Bartel den Most holt«). Nach außen wirkt sie wie ein munteres Durcheinander; tatsächlich ist jeder Artikel exakt auf Zielgruppe, Werbung und Benchmark kalkuliert. Das interne Klima bei Neon soll ein Musterbeispiel für jene postmodern-kuschelkalte Betriebswirtschaft sein, wo eine Frage nach unbezahltem Sonderurlaub mit Sätzen wie »Magst du uns nicht mehr?« konfrontiert wird. Nun verstärkt Alard von Kittlitz die Redaktion. Wie sein lustiger Name andeutet, hat er nach dem BWL-Studium bei der FAZ und der dazugehörigen Illustrierten Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung gedient, wo er mit den alten Füchsen gegen Homo-Ehe, Linkspartei und Unterschicht heulen durfte; eine Strebsamkeit, die dem adretten Käsekuchengesicht und Anzuggockel 2011 mit dem Axel-Springer-Preis vergoldet wurde. »Mit seinem journalistischen Know-how und seinem Gespür für spannende Geschichten und die Themen der jungen Erwachsenen wird er die Redaktion zukünftig optimal ergänzen«, verlautbart der Verlag, um zu sagen: Ein springergestählter Rechtsdemagoge und Managementfuzzi ist genau das, was der Jugend noch gefehlt hat. Eine Hoffnung bleibt: dass er wenigstens nie spannend über Sex schreiben möge. Sonst tu ich mir was an.
Leo Fischer ist Chefredakteur des Satiremagazins Titanic.