Der Auf- und Abstieg der »Republikaner«

Vom Parlament ins Nichts

Vor 25 Jahren zogen »Die Republikaner« ins Berliner Abgeordnetenhaus ein. Das nicht einmal zwei Jahre dauernde Gastspiel war beispielhaft für die parlamentarische Arbeit rechtsextremer Parteien.

In den frühen neunziger Jahren zeigte das kurz zuvor wiedervereinigte Deutschland in Form von Pogromen, mörderischen Brandanschlägen und der faktischen Abschaffung des Asylrechts eine neue Qualität. Dieser Rechtsruck kam nicht überraschend, sondern war vielmehr der vom nationalistischen Einheitsfuror befeuerte Höhepunkt einer bereits seit Ende der Siebziger andauernden Entwicklung. Ihre sichtbarsten Zeichen waren einerseits Gewalttaten wie die rassistisch motivierten Morde an Mehmet Kaymakcı und Ramazan Avcı in Hamburg 1985, andererseits aber auch die verstärkte öffentliche Betätigung extrem rechter bis offen neonazistischer Gruppierungen wie der Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei oder der Gesinnungsgemeinschaft der Neuen Front.

Gegen Ende der achtziger Jahre gelang es extrem rechten Parteien zudem, erstmals seit dem Einzug der NPD in sieben Landesparlamente in den Sechzigern, nicht nur in Kommunalparlamente gewählt zu werden. 1987 zog die DVU unter dem Namen »Liste D« in Bremerhaven mit einem Abgeordneten in die Bremer Bürgerschaft ein. Für größeres Aufsehen sorgte jedoch das Ergebnis der Republikaner bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus von West-Berlin am 29. Januar 1989.
Noch vier Tage vor der Wahl hatte die Partei in Umfragen bei drei Prozent der Stimmen gelegen, am Wahlabend zog sie dann mit 7,5 Prozent überraschend ins Abgeordnetenhaus ein. Elf Abgeordnetenmandate konnte sie damit erringen, hinzu kamen weitere 36 in den Bezirksparlamenten. Da die FDP, ebenfalls überraschend, aus dem Parlament herausgewählt wurde, waren die Republikaner nach Bildung der rot-grünen Koalition unter Walter Momper (SPD) die einzige Oppositionspartei neben der CDU und bekamen entsprechend große öffentliche Aufmerksamkeit – bald jedoch vor allem wegen interner Querelen und öffentlich zur Schau gestellter Unfähigkeit.
Besonders erfolgreich schnitt die Partei in traditionellen Arbeiterbezirken wie Neukölln mit über neun Prozent und Wedding mit fast zehn Prozent ab. Im bürgerlichen Zehlendorf kam sie dagegen lediglich auf 4,3 Prozent. Wahlanalysen ergaben, dass 60 Prozent der Wähler der Republikaner zuvor die CDU gewählt hatten und 90 Prozent von ihnen der Meinung waren, es sei »nicht in Ordnung, dass es so viele Ausländer in Berlin gibt«. Der Erfolg der Republikaner war das Ergebnis der Unzufriedenheit von Wählern mit mittleren und niedrigen Einkommen mit der Politik der bis dahin regierenden schwarz-gelben Koalition und ein Zeichen wachsender Abstiegsangst angesichts der damaligen Arbeitslosenzahlen, was sich in Rassismus und Sozialchauvinismus entlud.
Im Wahlkampf hatten die Republikaner vor allem gegen »die Türken«, »linke Chaoten« und »Leistungsunwillige«, aber auch gegen »Spekulanten« gehetzt. Der öffentlich-rechtliche Sender Freies Berlin hatte sich lange geweigert, einen Wahlwerbespot der Partei auszustrahlen, da die Verantwortlichen ihn für volksverhetzend hielten. Der Sender unterlag jedoch in einem Prozess am Berliner Verwaltungsgericht.
Tatsächlich brachte die Partei im Abgeordnetenhaus häufig Anträge zu eher abseitigen Themen ein. So forderten die Republikaner ein Verbot von Massentierhaltung und Genmanipulation sowie eine Bestandsgarantie für Kleingärten. Überhaupt wirkt das, was die Republikaner bis zum Dezember 1990 vollbrachten, als nach dem Zusammenschluss von West- und Ost-Berlin Neuwahlen abgehalten wurden, wie eine Blaupause für folgende Einzüge extrem rechter Parteien in die Landesparlamente der Bundesrepublik. Statt inhaltlicher Arbeit und konsequenter Nutzung der Rolle als Oppositionspartei herrschten Dilettantismus auf höchstem Niveau und interne Zerstrittenheit.

Die Republikaner waren 1989 noch eine relativ junge Partei. Gegründet wurden sie im November 1983 von einem Kreis ehemaliger Mitglieder der CSU in München. Erster Vorsitzender war der für die CSU in den Bundestag gewählte Franz Handlos, ein Rechtskonservativer und strammer Antikommunist. Nicht einmal zwei Jahre später übernahm Franz Schönhuber den Vorsitz, ein Journalist, der bis 1982 auch für den Bayerischen Rundfunk gearbeitet hatte. Unter der Führung des ehemaligen Mitglieds der Waffen-SS rückte die Partei noch weiter nach rechts. Handlos verließ daraufhin zusammen mit anderen die Republikaner und gründete die überaus erfolglose Freiheitliche Volkspartei. 1987 landete er schließlich bei der FDP. In den Folgejahren bestanden weiterhin tiefe Gräben zwischen einem eher nationalkonservativen und einem extrem rechten bis neonazistischen Flügel der Republikaner. Immer wieder gab es Austritte aus der Partei, es kam zu etlichen Abspaltungen wie etwa der Deutschen Liga für Volk und Heimat (DLVH).
Auch in der Fraktion der Republikaner im Berliner Abgeordnetenhaus tobten schwere Konflikte, schon kurz nach dem überraschenden Wahlerfolg entbrannte ein regelrechter Machtkampf in Landesverband und Fraktion. Er wurde hauptsächlich zwischen dem Landes- und Fraktionsvorsitzenden Bernhard Andres und dem jungen Juristen Carsten Pagel ausgetragen, der zuvor bei der Jungen Union gewesen war und in Berliner Zeitungen als »Parteirebell« bezeichnet wurde. In dem Streit ging es eher um gekränkte Eitelkeiten und die Verteilung von Macht als um größere inhaltliche Differenzen.
Im September 1989 wurde Andres schließlich von Schönhuber höchstselbst seiner Ämter enthoben, verließ daraufhin Fraktion und Partei und gründete den völlig unbedeutenden Bund der Deutschen Demokraten. Schlagzeilen machten auch polizeiliche Ermittlungen gegen ihn. Dem Polizisten wurde vorgeworfen, einen parteiinternen Widersacher in den Polizeigriff genommen zu haben. Frank Degen, der nach Andres’ Abgang das Amt des Fraktionsvorsitzenden übernommen hatte, sagte damals dem Spiegel, Vertraute von Andres hätten beschlossen, seine Wohnung in Brand zu stecken. Auch von Schlägertrupps und der geplanten öffentlichen Verbrennung von Büchern Schönhubers war die Rede. »Der Degen spinnt doch, wenn er den Mund aufmacht«, kommentierte Andres die Anschuldigungen. Das Verhalten der meisten Beteiligten legt durchaus die Frage nahe, wie sie es überhaupt so lange miteinander aushielten.
Während die Bundespartei in der Folge ins Europaparlament und in den Landtag von Baden-Württemberg einzog, ging es für die Republikaner in Berlin steil bergab. Bei der Wahl im Dezember 1990 erhielten sie gerade einmal noch 3,1 Prozent, selbst im Westteil der Stadt waren es im Schnitt nur 3,7 Prozent.

Einige Funktionäre der Republikaner machten jedoch auch nach dem Auszug aus dem Abgeordnetenhaus von sich Reden. Der Landesschatzmeister Rudolf Kendzia, der zuvor schon bei der NPD und der Deutschen Reichspartei gewesen war, wurde zunächst Mitglied der DLVH und schließlich Vorsitzender des extrem rechten Hoffmann-von-Fallersleben-Bildungswerks. Dort betätigte sich auch Carsten Pagel, der ferner als Autor der Jungen Freiheit in Erscheinung trat und 2012 Gast beim Neujahrsempfang der sächsischen Landtagsfraktion der NPD war. Der ehemalige stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Republikaner, Richard Miosga, wechselte zur NPD. Er saß für sie in der Stadtverordnetenversammlung des Berliner Vororts Hohen Neuendorf und trat für sie bei der Bundestagswahl 2013 im Wahlkreis Berlin-Mitte an. Die anderen damaligen Funktionäre der Berliner Republikaner verschwanden jedoch schnell aus dem politischen Geschehen. Die Partei ist ihnen mittlerweile gefolgt. Sie trat in Berlin zuletzt 2006 zu den Wahlen zum Abgeordnetenhaus an und erhielt 0,9 Prozent der Stimmen, ein Ergebnis, das ihrer generellen politischen Bedeutungslosigkeit entspricht.