»Eispickel! Eispickel!«

Auch in diesem Jahr kamen in Berlin Tausende Demonstranten zum großen Klassentreffen der autoritären Linken zusammen. Beim alljährlich stattfindenden Luxemburg-Liebknecht-Gedenken marschierten wie gewohnt zahlreiche K-Grüppchen, linke Parteien und sonstige Bratwurst-Sozialisten Seit’ an Seit’ in Richtung Sozialistenfriedhof im Ortsteil Friedrichsfelde. Stalin-Porträts waren allgegenwärtig, aus allen Richtungen dröhnte Ernst Busch aus scheppernden Boxen. Verkäufer diverser Sekten-Blättchen standen Spalier, um ihre Version der Wahrheit feilzubieten. »Lenin, Stalin, Mao – Viva!« skandierten die einen, »Eispickel! Eispickel!« – eine Anspielung auf die Ermordung Leo Trotzkis – die anderen. Und: »Nur der Griff der Masse zum Gewehr / schafft den Sozialismus her!« Der Blutdurst mancher Weltverbesserer kam auch in diesem Jahr wieder zum Ausdruck. Am Friedhof wurden traditionsgemäß Nelken für »Rosa und Karl« abgeworfen. Wer sich unbeliebt machen wollte, wie etwa der Berliner Landesvorsitzende der Linkspartei, Klaus Lederer, hielt auch am Mahnmal für die Opfer des Stalinismus kurz inne. Zur Stärkung wurde reichlich Bratwurst serviert, und ein Mann mit einer Mütze der wegen ihrer nationalistischen Lieder umstrittenen Südtiroler Rockband »Frei.Wild« versorgte am Erbsensuppenstand die hungrigen Revolutionäre. Das alljährliche Sowjet-Reenactment gehört zu den festen Ritualen der autoritätsverliebten Linken. Verletzte gab es diesmal nicht. 2012 war das noch anders: Als damals einige Antifaschisten am Rande des Demonstrationszugs gegen den Lenin-, Stalin- und Mao-Kult protestierten, wurden sie aus der Menge heraus angegriffen und verprügelt. Unter anderem deswegen hat sich im vergangenen Jahr das Bündnis »Rosa & Karl« gegründet, ein Zusammenschluss von progressiven linken und sozialdemokratischen Jugendverbänden. In diesem Jahr hielten sie zum zweiten Mal eine eigene Gedenkdemonstration ab.