Die Legalisierung von Cannabis

Joint Venture

Ob die Legalisierung von Marihuana ­vorankommt, hängt vor allem von der Entwicklung in den USA ab.

Zahlreiche des Hippietums unverdächtige Ökonomen haben immer wieder darauf hingewiesen, wie vorteilhaft die Legalisierung von Marihuana ist. Mittelständische Unternehmen ent­stehen und schaffen Arbeitsplätze, der Staat kann erhebliche Steuereinnahmen und eine Entlastung des Justizsystems erwarten. Da Cannabis häufig als Ersatzdroge für gefährlichere Substanzen gebraucht wird, sinken auch die Kosten für die Gesundheitsversorgung.
Die ersten Tage des legalen Verkaufs von recreational marihuana im US-Bundesstaat Colorado bestätigen die Vorhersagen. Die Nachfrage ist so groß, dass die Ware knapp wird und der Preis steigt, noch schneller steigen die Aktienkurse von Firmen wie Greengro Technologies, die den Marihuana-Züchtern zuliefern. Der erste Kunde war der ehemalige US-Marine Sean Azzariti, der seine posttraumatische Belastungsstörung lieber mit Marihuana als mit Psychopharmaka behandelt, um nicht »zum Zombie zu werden«.
Die Frage ist also nicht, warum Colorado und in diesem Jahr möglicherweise noch weitere US-Bundesstaaten sowie Uruguay Marihuana legalisieren, sondern warum es sonst niemand tut. Das heilige Dogma des Freihandels soll hier nicht gelten, obwohl Marihuana zwar nicht für alle Nutzerinnen und Nutzer harmlos, allen wissenschaftlichen Studien zufolge aber wesentlich ungefährlicher ist als etwa Alkohol. Das Kiffen ist längst kein Kennzeichen der Zugehörigkeit zu einer Gegenkultur mehr, doch spielt ideologische Verblendung im von Puritanern, Kampftrinkern und Psychopharmaka-Konsumenten dominierten politischen Milieu wohl noch immer eine wichtige Rolle. Die einzig rationale Erklärung für die repressive Drogenpolitik ist aber der staatliche Kontrollanspruch. Die Bürgerinnen und Bürger sollen gehorchen, egal was wissenschaftliche Studien besagen.
Doch vor allem in Lateinamerika wächst der Widerstand gegen den war on drugs, der Zehntausende das Leben gekostet, den Drogenhandel aber nicht beeinträchtigt hat, während in den USA der Druck von Ökonomen, Bürgerrechts- und Lobbygruppen wächst. Ein Sieg der Vernunft ist aber leider nicht sicher, denn die strikte Prohibition in der Drogenpolitik ist ein Dogma des internationalen Rechts, seit 1961 die Single Convention on Narcotic Drugs beschlossen wurde. So kritisierte Raymond Yans, Präsident des International Narcotics Control Board (INCB) der Uno, dass Uruguay »wissentlich entschieden hat, ein allgemein anerkanntes und international gebilligtes Abkommen zu brechen«. Uruguay, nicht ­Colorado, das Yans nicht erwähnte.
Einmal mehr dürfte die Erweiterung der Bürgerrechte daher von der Entwicklung in den USA abhängen, deren Bürgerinnen und Bürger wenig auf die Autorität der Uno geben und deren Regierung keine Sanktionen fürchten muss. Und einmal mehr könnten libertarians, die sich ja auch gemeinsam mit liberals gegen den Über­wachungswahn der NSA wenden, eine wichtige Rolle spielen. So fordert der marktradikale Ökonom Jeffrey Miron die Freigabe sämtlicher Drogen, zahlreiche Aktivisten der Tea Party wie Bill Hennessy befürworten die Legalisierung von Marihuana. Wenigstens in dieser Hinsicht folgen sie tatsächlich einer amerikanischen Tradition, denn bereits George Washington baute Marihu­ana an.