Das Gesetz ­gegen Homosexualität in Nigeria

Hegemoniale Homophobie

Die nigerianische Regierung verschärft die Gesetze gegen Homosexualität. Das wird von den meisten Nigerianern begrüßt.

Der nigerianische Präsident Goodluck Jonathan hat es wahrlich nicht leicht in diesen Tagen. Führende Mitglieder seiner Peoples Democratic Party traten zur Opposition über, ein ernsthaftes Vorgehen gegen die grassierende Korruption war während seiner Amtszeit nicht zu erkennen und der Krieg gegen die vor allem im Norden des Landes aktiven Islamisten von Boko Haram geht unvermindert weiter. Doch Anfang Januar konnte sich Jonathan des Beifalls seiner Landsleute sicher sein. Ein neues Gesetz, der Same Sex Marriage Prohibition Act, droht nicht nur homosexuell lebenden Paaren oder Personen, die Treffen abhalten, hohe Gefängnisstrafen an, sondern richtet sich auch gegen deren Unterstützer und gegen alle, die sich positiv zu Homosexualität äußern. Die Reaktion der Nigerianerinnenn und Nigerianer war in- und ausländischen Medien zufolge enthusiastisch.
In den zwölf Bundesstaaten im Norden Nigerias, in denen die Sharia seit Jahren ganz oder teilweise angewendet wird, ging die Religionspolizei bereits in der Vergangenheit gegen Homosexuelle vor. Zwar sieht das islamische Gesetz für Homosexualität die Todesstrafe durch Steinigung vor, doch wurden die Beschuldigten bisher vor allem zu Stockhieben und relativ hohen Geldstrafen verurteilt. In den südlichen Staaten, die überwiegend christlich geprägt sind, begann die Verhaftung von Dutzenden Menschen nahezu umgehend nach der Unterzeichnung des ohne Gegenstimme vom Parlament abgesegneten Gesetzes.
Für viele konservative Christen und Muslime und ihre Vorbeter stellt das juristische Vorgehen gegen Homosexuelle eine Art Kulturkampf gegen die angeblich verdorbene Moral des Westens dar. Selten gibt es Gelegenheit, die Kritik aus den USA und der Europäischen Union als neokoloniales Gebaren zurückzuweisen und auf der Eigenheit von Kultur und Moral im Land zu bestehen. Homosexualität sei unafrikanisch, heißt es unisono. Die Bibel und der Koran seien das jedoch auch, antworten die wenigen Kritiker der homophoben Mehrheit.
Die Entwicklung in Nigeria entspricht einem allgemeinen Trend in Afrika, Homosexualität stärker zu kriminalisieren. Nach Angaben von Amnesty International sind in 38 Ländern Gesetze in Kraft, die gleichgeschlechtliche Beziehungen kriminalisieren. Aus ihrer Abneigung gegen Schwule und Lesben haben einige Staatschefs nie einen Hehl gemacht. Homosexuelle seien »schlimmer als Schweine und Hunde«, befand einst Robert Mugabe, der Präsident Zimbabwes.
Die nigerianischen Homosexuellen haben nur wenige Möglichkeiten, sich vor Bestrafung zu schützen. Lobbyarbeit gegen die Diskriminierung der sexuellen Orientierung ist nun praktisch unmöglich, und so bleibt den meisten nur die Wahl zwischen der Unterdrückung ihrer Sexualität und der Emigration. Umstritten war im Westen, inwieweit die Verfolgung aufgrund der sexuellen Orientierung als Asylgrund anzuerkennen ist. Immerhin urteilte im November vergangenen Jahres der Europäische Gerichtshof, dass verfolgte Homosexuelle Anspruch auf Asyl haben. Das gilt jedoch nur dann, wenn angedrohte Strafen auch tatsächlich verhängt werden, homophobe Gewalt und Diskriminierung im Alltag werden nicht berücksichtigt.