Das Medium

Selbstzerlegung

Wer immer schon mal live miterleben wollte, wie sich eine Partei selbst zerlegt, sollte sich umgehend einen Account bei Twitter zulegen, wo die »Piraten« ihrer Spaltung – oder Auflösung, so ganz genau weiß man es noch nicht – entgegentaumeln. Dass ausgerechnet Bomber Harris die orangefarbene Problempartei zur Explosion brachte, hat dabei durchaus Charme, im Gegensatz zu den Statements der Parteirechten und mancher Landesverbände, die in den seit dem Jahrestag der Dresden-Bombardierung tobenden Diskussionen so ziemlich alles hervorkramen, was es an Geschichtsrevisionismus, Täter-Opfer-Umkehr oder auch nur blindwütigem Pazifismus so gibt. Dass der Kampf gegen Zensur und Überwachung des Internet durchaus ein Anliegen ist, für das sich auch ausgewiesene Rechtsextreme engagieren, dürfte eigentlich nur für die Postpolitiker der »Piraten« eine große Überraschung sein, schließlich war eben dieses Internet für Holocaust-Leugner, Rassisten, Antisemiten jahrelang der Ort, wo sie ungestört ihre Hetze verbreiten durften, bis eben – genau, Zensur! Überwachung! Und so ist es nur folgerichtig, dass sich unter den Mitgliedern der Partei, die für Freiheit des Internet steht, auch solche befinden, die mit dem gern gepflegten eher linken Image rein gar nichts am Hut haben. Bislang konnten parteiinterne Richtungsstreite mit dem Hinweis auf anstehende Wahlen oder Parteitage immer noch rechtzeitig entschärft werden oder erledigten sich in minderschweren Fällen durch die netztypisch extrem kurze Aufmerksamkeitsspanne aller Beteiligten von selbst. Diesmal wird dies nicht gelingen, denn die gegenseitigen Gewaltandrohungen und persönlichen Angriffe haben ein selbst für Piraten-Verhältnisse derart krasses Ausmaß angenommen, dass eines klar ist: Diese Leute werden niemals mehr in einer Partei zusammenarbeiten können.