Mutige Grenzgängerin

Hoffentlich kann Elvira Arellano dieses Mal länger bei ihrer Familie bleiben. Die 38jährige mexikanische Verteidigerin der Rechte von Migranten präsentierte sich und ihre zwei Söhne am Dienstag voriger Woche der US-amerikanischen Grenzpo­lizei und stellte in den USA einen Asylantrag. Arellano und andere Migranten aus Lateinamerika, darunter viele junge Eltern, hatten die Grenze zu den USA überquert, um gegen Abschiebungen und für eine Reform der US-amerikanischen Einwanderungsgesetze zu demonstrieren. Die US-amerikanische Grenzpolizei berichtete von 80 Erwachsenen und 50 Minderjährigen, die sich der »US-Regierung ausgehändigt haben«. Arellano hatte erstmals Aufmerksamkeit erregt, als sie über ein Jahr in einer Kirche Zuflucht suchte, um einer Abschiebung als illegalisierte Immigrantin in den USA zu entgehen. Das Time Magazine ernannte sie 2006 dafür zur Person des Jahres. 2007 wurde sie festgenommen und nach Tijuana abgeschoben. Ihr damals achtjähriger, in den USA geborener Sohn Saul blieb in den USA und konnte ihr erst einige Zeit später nachreisen. In Tijuana gründete Arellano ein Heim für deportierte Migranten und begann, sich für getrennte Migrantenfamilien einzusetzen. So sprach sie mit dem damaligen mexikanischen Präsidenten Felipe Calderón und forderte ihn auf, ihr ein Spezialvisum zum Besuchen ihres Sohnes zu beschaffen.
Bereits 1997 hatte Arellano versucht, illegal in die USA einzureisen, war aber zurückgewiesen worden. Der zweite Versuch klappte, Arel­lano arbeitete mehrere Jahre als Reinigungskraft auf einem Flughafen in den USA, bis sie 2002 bei einer Razzia festgenommen wurde. Ihr wurde vorgeworfen, unter einer falschen Sozialversicherungsnummer gearbeitet zu haben, und sie musste mit ihrem Sohn untertauchen, um einer Abschiebung zu entgehen. Die Grenzüberquerung vom Dienstag voriger Woche war Teil einer Kampagne der National Immigrant Youth Alliance, die auf die Situation von durch die Grenze getrennten Migrantenfamilien und auf die US-Abschiebepolitik aufmerksam machen will. Vor allem aus Lateinamerika stammende Einwanderer kritisieren die Politik Barack Obamas, da in seiner Amtszeit demnächst die Marke von zwei Millionen Abschiebungen erreicht wird. Ein Gericht wird nun über Arellanos Asylantrag entscheiden. Doch egal ob von Mexiko oder den USA aus – Arellano wird weiter das Grenzsystem bekämpfen.