Berlin Beatet Bestes. Folge 240.

Smoke it up!

Berlin Beatet Bestes. Folge 240. Various Artists: »Jim Jam Gems, Volume 3 & 4« (2014).

Auf die Teile eins und zwei der 10-Inch-Serie »Jim Jam Gems« habe ich zwar an dieser Stelle ­bereits im vergangenen Jahr hingewiesen, aber die jüngst auf dem Label Stag-O-Lee veröffentlichten Volumes 3 und 4 verdienen ebenfalls Beachtung. Das Foto auf dem Cover von Volume drei, »Party in the Front, Black Jack in the Back«, scheint den Titel perfekt zu illustrieren. Vorn links steht Cab Calloway mit seinen langen gewellten Haaren mit dem Rücken zum Betrachter. Sister Rosetta Tharpe sitzt am Piano, rechts im Bild spielt Duke Ellington. Tenorsaxophonist Johnny Hodges steht gleich hinter Ellington. In der Mitte, lässig ans Klavier gelehnt, erkennt man den Kornettisten Rex Stewart. Zwischen lauter trinkenden und Faxen machenden Zuhörern sind zu sehen: Tenorsaxophonist Chu Berry, Bassist Clyde Newcombe, an der Trompete Max Kaminsky, an der Posaune J.C. Higginbotham, Hot Lips Page spielt ebenfalls Trompete, und in der Mitte am Schlagzeug sitzt Cozy Cole. Dieses berühmte Foto des Life-Fotografen Charles Petersen wurde 1939 auf einer der New Yorker Jam Sessions aufgenommen, die damals gerade aufkamen. Ironischerweise brachte die Blütezeit der später von Jazzkritikern gern als »Pop« gebrandmarkten Swingmusik auch diese ersten Jazz-Konzerte im privaten Rahmen hervor. Dennoch war Jazz bis in die vierziger Jahre immer noch vorwiegend Tanzmusik.
Ein Stück beschäftigt sich mit einer Rent-Party, eine im Harlem der zwanziger und dreißiger Jahre übliche öffentliche Feier in einer Privatwohnung, die dazu diente, die Monatsmiete des Mieters aufzubringen. Zwar mieteten nicht selten auch clevere Partyveranstalter Wohnungen nur zu diesem Zweck an, aber für viele Mieter gab es am Monatsende einfach keine andere Möglichkeit. In dem cool groovenden Stück »House Rent Party« beschwert sich Babs Gonzales darüber, dass Getränke und Glückspiel zu teuer seien: »Now I know you’ve been to one of those house rent parties which is advertized as a social tea/Well, I found everybody was only sociable when you had a whole lot of money«. Prompt wird er von der Veranstalterin vor die Tür gesetzt, kurz bevor die Polizei erscheint und alle Gäste verhaftet. Ein absoluter Killer ist Sonny Boy Willamsons Uptempo-Blues »Rub a Dub«, was übrigens ein Sack Marihuana im Wert von 40 Dollar ist. Tony Middletons »Blackjack« erzählt auf heiter rockende Weise die tragische Geschichte eines Spielers.
Bea Woods ultracoole Kifferhymne »Weed« aus dem Jahr 1938 bildet den Abschluss dieser durchweg gelungenen Zusammenstellung von Rhythm & Blues-, Jazz- und Jump-Blues-Hits. Zunächst singt sie: »I’m the queen of all vipers« – Vipers ist ein Slang-Begriff für Kiffer – und erwähnt dann auch noch die nach dem hier bereits mehrfach gewürdigten Jazzklarinettisten und Drogenhändler Mezz Mezzrow benannten besonders starken Joints, sogenannte Mezzrolls: »All vipers love their Mezzrolls/Love it good and strong/Dreams come from my weed/Honey all day long.«

Mein Name ist Andreas Michalke. Ich zeichne den Comic »Bigbeatland« und sammle Platten aus allen Perioden der Pop- und Rockmusik. Auf meinem Blog Berlin Beatet Bestes (http://mischalke04.wordpress.com/) stelle ich Platten vor, die ich billig auf Flohmärkten gekauft habe.