Die Neukölln-Soap »Ecke Weser«

Ungekämmte Hipster

Ein Videoprojekt erzählt vom Alltag der Zugezogenen in Neukölln.

Sie trinken Radler und sagen Sachen wie »Ein fester Job nach der Masterverteidigung, nä?«: die 20-Irgendwasse in der Neukölln-Soap »Ecke Weser«. Johannes Hertwig und Hayung von Oepen haben das Projekt aus der Taufe gehoben. Und heute ist Premiere des Pilotfilms! Sinnigerweise in der »Kofferbar«, in der auch der Film spielt. Das gibt schon etwas befremd­liche Effekte – als würde man selber mitspielen. Der Punkt geht an die beiden knuffigen Filmemacher. For your information, »Ecke Weser« bedeutet: Ecke Weserstraße. Die Weserstraße ist die lange Saufmeile vom Neuköllner Hermannplatz abwärts. Hipster aus New York, Tokio und Oer-Erkenschwick treffen sich hier.
Neukölln, knallgeil, Weltstadt direkt neben Kreuzberg. »Das Leben der Berliner Zugezogenen zwischen 20 und 29 ist eine abenteuerliche Achterbahnfahrt der Gefühle, zwischen Pep schnüffeln und Electro fühlen und Geschlechtsteile lutschen«, verheißt die Ankündigung. Das ist ganz schön geschummelt. »Ecke Weser«-Helden wie Tom brillieren erstmal in der Küchentischszene: »Ich bin 27, arbeitslos … «, die englischen Untertitel springen an, » … verkatert, gebildet, ungekämmt und völlig pleite, Alta« (engl. dude). Die Drogen hat er wohl gestern genommen, das andere ist auch eher Hörensagen. Und richtig Achterbahn, naja. Erstmal mit Emma aufn Flohmarkt. Kumpel Vince stößt hinzu, man bereist den Landwehrkanal im Schlauchboot, sagt kluge Sachen (»Mein Vater empfiehlt mir ein Start-up«).
»Wir suchen einen Sponsor oder einen Sender, ZDF-Neo wär schön«, erzählt Hertwig. Auf der Berlinale wurden sie nicht angenommen, Pornofilmfest: Hm-hm. Alle zehn Jahre kommt eine neue Generation, die einen solchen Film mit Inhalt füllt. Der heißt immer: Berlin. Hertwig sagt: »Die Stadt ist im Kommen, haha!«
Die Qualität von »Rote Rosen« hatte das jetzt noch nicht, aber Berlin ist auch nicht Lüneburg. Gender und Gewalt? Fehlanzeige. Tja, ein paar Meter weiter sitzen Flüchtlinge auf dem Dach einer Grundschule, die Polizei hat einen halben Stadtteil dauerhaft abgesperrt.
Fazit: Mehr Film bitte, ansonsten tolles Personal. Vor allem Jennifer Lotsi (»Toni«) überzeugt. Die könnte man sich auch in »Transformers« oder »X-Men« vorstellen. Die müssen jetzt nur noch in die Weserstraße finden.
»Ecke Weser«. www.eckeweserstrasse.de