»In der Kneipe kein Bier«

»Berlins traurige Straße der Trinker« – so betitelte die B.Z. kürzlich die Gneisenaustraße, in der sich auch die Redaktionsräume der Jungle World befinden. Die Menschen, die sich auf dem Grünstreifen in der Mitte der Straße zum gemeinsamen Alkoholkonsum treffen, pöbelten Passanten an, hinterließen Müll und störten die Anwohner, behauptete die Zeitung. Wir als bislang nicht genervte Anwohner haben uns auf dem Grünstreifen umgehört, Daniel gab uns Auskunft.

Gibt es nicht schönere Flecken, um sich zu treffen?
Es ist schon ganz okay hier. Man hat die U-Bahnstation vor der Nase, man kommt also leicht hierhin und wieder weg. Und da ist ein Kiosk, da ist noch einer, man kann sich also auch schnell was zu trinken holen. Oder auch was zu essen. Für das leibliche Wohl ist gesorgt.
Woher kommen die Leute denn mit der U-Bahn?
Das ist ganz unterschiedlich. Ein paar kommen aus Neukölln, ein paar aus dem Wedding, ein paar sind hier aus dem Kiez, bunt gemischt halt.
In einer Kneipe oder einem Biergarten könnte man doch viel gemütlicher trinken als hier.
Ja, klar. Aber man trinkt ja doch ein bisschen was so den ganzen Tag über. Ich könnte mir das selbst in der billigsten Eckkneipe nicht leisten. Sterni kostet am Kiosk so um die 70 Cent, im Supermarkt ist es noch ein Eck billiger. Dafür kriege ich in der Kneipe kein Bier.
Die B.Z. schreibt, die Leute, die sich hier treffen, würden Passanten anpöbeln und viel Müll hinterlassen. Stimmt das?
Was weiß ich. Irgendjemand regt sich ja immer auf und dann haben die was zu schreiben. Mich nervt so ein Gerede. Und Müll lassen wir hier nicht liegen, Flaschen schon gleich gar nicht. Es verschenkt ja niemand einfach so das Pfand.
Hatten Sie denn schon Schwierigkeiten mit Anwohnern?
Da kann ich ganz ehrlich sagen: Nein. Ich wüsste auch nicht, weswegen es da groß Ärger geben sollte. Es wird hier vielleicht mal ein bisschen lauter. Aber halt auch nicht lauter als der Verkehr, der den ganzen Tag lang kommt. Also echt: Über Ärger kann ich nichts sagen.
Wo treffen Sie sich eigentlich bei schlechtem Wetter?
Dann muss man halt kucken. Manchmal sitzen wir dann unten im U-Bahnhof. Da kann es natürlich sein, dass die BVG ihre Sheriffs vorbeischickt, die uns dann rauswerfen. Es gibt noch ein paar Ecken in der Stadt, wo man es dann versuchen kann: Rathaus Neukölln, Leopoldplatz.