Echt vintage

Wer im Internet aufregende Abenteuer erleben möchte, sollte unbedingt regelmäßig Auktionsplattformen besuchen. Nein, es geht nicht darum, reich zu werden, indem man Kostbarkeiten für einen Euro (plus zwofuffzich Versandkosten) ersteigert, sondern darum, eine ganz eigene Welt kennenzulernen, nämlich die der Auktionsplattformverkäufer.
Die ist auf den ersten Blick recht einfach ­beschaffen: Jeglicher Kram, den man nicht mehr haben möchte – also nicht einfach wegwerfen, sondern gegen Geld loswerden will –, muss natürlich beschrieben werden, was in vielen Fällen mit bemerkenswerter Lässigkeit passiert. Alles, was sich nicht so richtig einordnen lässt, wird kurzerhand zu »Vintage!« oder »Vermutlich original Fünfziger, Rockabilly!« erklärt, und so warten sie dann auf ihre neuen Besitzer, die Fifties-CD-Player, -Knoblauchpressen, -Lidl-Prospekte – okay, das war jetzt ein bisschen gelogen, aber das Prinzip dürfte klar geworden sein.
Besonders hübsch wird es immer dann, wenn Leute absolut keine Ahnung haben, was das eigentlich ist, was sie da verkaufen wollen. »Eierbecher oder Aschenbecher« heißt es dann im Begleittext einer vermutlich einen Schweineelefanten darstellenden Bronzefigur (»Vintage«!) mit goldfarbenen Öhrchen, die allerdings überraschenderweise bisher nicht für die verlangten 55 Euro verkauft wurde. Am schönsten wird es allerdings, wenn Anbieter sich ausdenken, dass sie sicher viel mehr Erfolg mit ihren Auktionen haben, wenn sie in beliebten Kategorien eingestellt werden. Unter »Haushaltsgegenstände, Eierbecher« konnte man kürzlich ein »Käseset« finden – natürlich, und diesmal sogar tatsächlich: »Vintage!« –, das, wenn man denn Interesse an Käsesets haben würde, ein echtes Schnäppchen gewesen wäre. Der Schweineelefanteneieraschenbecher wird übrigens immer noch angeboten. Hmmmmmm.