Ein Jude zur Primetime

Die Werbewelt ist bekanntermaßen eine des schönen Scheins. Sie verspricht sehr viel, hält davon aber in der Regel nur ganz wenig. Da wird gemogelt, getrickst und getäuscht. Hauptsache, das Produkt wird verkauft. Das gilt nicht nur für Autos, Hautcremes oder Brotaufstriche, sondern auch für das öffentlich-rechtliche Fernsehen. Mit dem entscheidenden Unterschied: Jeder Bundesbürger wird zur Kasse gebeten. Und zwar monatlich.
Dennoch kommen ARD und ZDF nicht umhin, für sich zu werben. Weil sie zum einen mit den Privaten konkurrieren und zum anderen den Zuschauern klar machen wollen, dass sie als Zwangskunden ihre 17,98 Euro wenigstens nicht zum Fenster hinauswerfen. Deshalb heißt es vollmundig, man sitze immer in der ersten Reihe. Hier wird also Qualität garantiert. Aber leider gaukelt auch dieser Werbeslogan dem Konsumenten nur etwas vor. Vielmehr sitzt man allzu oft vor dem Fernseher und fragt sich fassungslos: Dieser Blödsinn soll 18 Euro pro Monat wert sein?
Aber dann gibt es eben doch diese raren, lichten Momente, die einen versöhnlich stimmen. Vergangene Woche zum Beispiel. Da erinnerte die ARD an einen lange Zeit zu Unrecht Vergessenen: Kurt Landauer. Der Mann, der den FC Bayern erfand. Und das tolle Spielfilm-Porträt mit einem fantastischen Josef Bierbichler in der Hauptrolle wurde dankenswerterweise nicht wie sonst üblich auf den Sendeplatz zwischen 23.30 und ein Uhr verklappt, sondern lief zur Primetime um 20.15 Uhr. So lernten drei Millionen TV-Konsumenten nicht nur eine beeindruckende Persönlichkeit kennen, sondern bekamen auch ein wichtiges Kapitel deutscher Geschichte frei Haus geliefert.
Denn Landauer war einer der wichtigsten Fußballfunktionäre, vor dem Zweiten Weltkrieg und danach. Jahrzehntelang prägte er als Präsident den Münchener Club, führte ihn 1932 zum Meistertitel. Aber schon ein Jahr später wurde er als Jude interniert und später vertrieben. Dennoch kehrte Landauer nach Deutschland zurück und blieb, obwohl er eigentlich in die USA auswandern wollte. Doch die Liebe zu seinem Verein war groß. So groß, dass er sich bereiterklärte, ihn und damit das in Trümmern liegende Deutschland wieder aufzubauen – allen Widrigkeiten zum Trotz.
Denn der Antisemitismus ist mit den Nazis nicht verschwunden. Es gibt ihn auch nach Krieg und Holocaust. Landauer bekommt das immer wieder zu hören und zu spüren. Trotzdem bleibt er hier und hält dem FC Bayern die Treue. Ein wunderbarer Film über einen bewundernswerten Mann. Verpasst? Kein Problem. Zum Glück gibt’s ja Mediatheken. Da sitzen Sie wirklich in der ersten Reihe. Und: Es lohnt sich. Versprochen. Da kann man auch mal Danke sagen. Danke, ARD!