Unexklusivität

Kurz nach dem Start von Krautreporter, dem leserfinanzierten neuen Internetmagazin, steht eines fest: Die Zukunft des Journalismus heißt Zweitverwertung. Wie das geht, machen die Krautreporter derzeit formvollendet vor: Ein dort veröffentlichter Text war bereits vor einigen Jahren in der Welt erschienen, was den Anspruch, Artikel zu publizieren, die anderswo eben nicht erscheinen können, leicht ad absurdum führt, aber andererseits: Kann passieren. Dass die »Thilo Jung interviewt – halt nein, stopp – Thilo Jung lässt Palästinenser und manchmal auch Israelis reden, was sie wollen«-Reihe eigentlich Teil des Projekts jung & naiv ist und erstaunlich viele Reportagen in Kooperation mit Weeklys und einem anderen Mediendings entstanden sind, also auf zwei Websites gleichzeitig erschienen, sowie zwei Texte aus anderen Sprachen übersetzt wurden, spricht eher nicht für den Exklusivitätsanspruch der Krautreporter.
Wobei die Qualität der Texte den Lesern, die das Projekt crowdfundeten, erstaunlich egal ist, wie man beispielsweise auf Twitter unter dem Hashtag #krautreporter nachlesen kann. Dort finden sich, neben etwas Gemecker über die oben beschriebene Zweitverwertung, hauptsächlich Klagen über das Aussehen der Krautreporter-Website, die anscheinend auf dem iPad3 nicht benutzbar ist, und über zerschossenes Layout – nach der Anfangseuphorie darüber, dass es nun endlich, endlich neuen, unabhängigen Journalismus gibt, werden die Artikel der Plattform nur noch selten in Tweets weiterverbreitet.
Was auch daran liegen dürfte, dass man bewusst nicht aktuell sein möchte – und natürlich vor allem auch daran, dass die während der Finanzierungsphase angekündigte umfassende Reportage über den Stand der Zahnpflege in Deutschland immer noch auf sich warten lässt.