Nerds’n’ Roses

Wenn es um Horrorvisionen geht, vergessen Sie Zombies und außerirdische Monster. Sie werden sich noch wünschen, rechtzeitig gefressen worden zu sein. Erinnern Sie sich an das Milgram-Experiment? Die Testpersonen, die glaubten, an einer Studie über Lernverhalten teilzunehmen, wurden dazu angehalten, einen Befragten mit Elektroschocks zu traktieren, wenn er falsch antwortete. Tatsächlich getestet wurde der Gehorsam, zwei Drittel der Teilnehmer verabreichten – fiktiv, denn der Befragte war ein Schauspieler – Stromschläge mit tödlicher Spannung. Nicht nur bei CIA-Agenten dürfte das Ergebnis heute ähnlich verheerend ausfallen wie 1961. Aber andere Leute foltern ist old school. Denn wir leben wir in einer Epoche, in der man es Chefs und Polizisten nicht zumuten sollte, Sie zu bestrafen. Foltern Sie sich gefälligst selbst! Dafür gibt es jetzt das Armband »Pavlok«, das Ihnen Stromschläge verpasst, wenn Sie Ihre selbstgewählten Anforderungen nicht erfüllen. Aber »Fitnesspartner, die ebenfalls ein solches Band tragen, können mit der App nachsehen, ob der Freund seine Ziele ordentlich verfolgt. Wenn nicht, kann auch hier ein Stromstoß ausgelöst werden«, berichtet das Webportal golem.de und nennt das »ein soziales Element«. Wenn Sie nun meinen, man sollte dem Erfinder ein solches Armband anlegen und Ihnen die Steuerung überlassen, sollten Sie sich ein wenig schämen, vor allem aber wissen, dass Maneesh Sethi seine Produktivität vervierfacht hat, indem er jemanden dafür bezahlte, ihn zu ohrfeigen, wenn er sich ablenken ließ. Was würde der Bursche wohl bei 400 Volt erfinden? Man mag gar nicht dran denken. Zu hoffen, dass das gesamte Silicon Valley nach einem Erdbeben vom Meer verschlungen wird, ist eigentlich auch unethisch. Andererseits aber …
Austen Heinz von Cambrian Genomics droht: »Jeder Mensch wird auf einem Computer entworfen werden.« Er möchte die Schöpfung »demokratisieren«, also durch seine eigene ersetzen und damit ein ohnehin schon verpatztes Werk in eine selbstoptimierte Hölle verwandeln, deren keimfreie, topfitte, blendend aussehende und ständig fröhliche Insassen keine Minute zu viel schlafen, jubilierend bis zur elektronisch gemessenen karoshi-Grenze arbeiten und dann joggen, 2,18 keimfreie, topfitte, blendend aussehende und ständig fröhliche Kinder entwerfen, sich mit Elektroschocks traktieren, wenn sie ihre Belastungsgrenze unterschreiten und Wohlgerüche verströmen, wenn sie furzen. Im Silicon Valley arbeitet man daran, dem Tierfutter modifizierte Bakterien zuzusetzen, damit Hundescheiße nach Bananen riecht. Heinz’ Komplize Gilad Gome hat schon weitere Ideen für die demokratische Schöpfung. Frauen sollen »ihre Vagina nach Rosen duften und nach Diät-Cola schmecken« lassen. Ja, Diät-Cola, denn wer zu viel Zucker zu sich nimmt, bekommt einen Stromschlag vom Armband.