Spuk in Ruinen

Liz Harris alias Grouper veröffentlicht seit zehn Jahren Ambient-Aufnahmen, die kaum ungeeigneter für einen berieselnden Gebrauch in Fahrstühlen oder auf Flughäfen ausfallen könnten. Überhaupt entzieht sich ihre Musik den üblichen Vorgaben für öffentliche Darbietung: Zu intim, zu entrückt, aber auch zu verstörend wirken ihre Kompositionen und home- beziehungsweise field recordings. Zugleich sind sie von ausgemachter Schönheit; ethereal wäre die Bezeichnung der Wahl, wenn diese nicht als »ätherisch« übersetzt im Deutschen so esoterisch anmutete. Letztlich handelt es sich um außerordentliche Musik an der Schnittstelle zwischen Klangkunst und Song, wie man sie mit ähnlichem Effekt auf den beiden nahezu vergessenen Alben von Cynthia Dall findet, oder – ein wenig irdischer – in den Kammermusikminiaturen von Max Richter.
Auf der Grouper-LP »Ruins« dominieren verhallte, repetitive Klavierstücke, die von Harris’ reduziertem, flüsterndem Gesang begleitet werden, nicht umgekehrt. Zudem werden die Melodien bei den vier Stücken mit Stimme meist von der rechten Hand gedoppelt, was sowohl die Person der Musikerin weiter in den Hintergrund treten lässt als auch das Selbst des Rezipienten beim Zuhören. Das abschließende »Made of Air« wurde von Harris schon 2004 auf Tape gebannt, die flirrenden Loops lassen keine eindeutigen Rückschlüsse zu, mit welchen Instrumenten sie wohl erzeugt wurden. Vielleicht hat sie auch nur die Geräusche der Geister auf dem Dachboden eingefangen.

Grouper: Ruins (Kranky)