Das Antiterrorgesetz wird verschärft

Wohin die Reise geht

Mit einem neuen Antiterrorgesetz will die Bundesregierung bereits Reisepläne unter Strafe stellen.

Anfang der achtziger Jahre hing in der Kreuzberger Kopischstraße ein Transparent mit der Aufschrift »Wir sind die Terroristen und grüßen die Touristen«. Das war weitsichtig. Deutsche Sicherheitspolitiker und ihre Staatsschutzsenate haben drei Jahrzehnte länger gebraucht, um zu verstehen, dass Terrorismus und Tourismus zusammengehören. Jetzt, wo der Groschen gefallen ist, können sie gar nicht genug davon bekommen. »Terrorreisen« seien künftig strafbar, kündigt die Regierung an, der »Terrortourismus« müsse »eingedämmt« werden. »Wer in ein Terrorcamp reisen will, wird in Zukunft bestraft«, erklärte Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) vergangene Woche.
Den Witz an der Sache versteht, wer aufmerksam zuhört: Bestraft wird nicht nur, wer reist, sondern bereits, wer reisen will. Damit hat Maas das ganze Geheimnis des Staatsschutzstrafrechts ausgeplaudert. Es besteht darin, die Strafbarkeit so weit vorzuverlagern, dass der bloße Wille inkriminiert werden kann. Denn ein Staatsschutz, der wartet, bis eine Tat ernsthaft den Staat »gefährdet«, hat seinen Auftrag nicht verstanden. Deshalb wird bereits bestraft, wer sich nur dazu verabredet, wer sich zum zukünftigen Umsturz organisiert, wer dafür wirbt, wer sich entsprechende Kenntnisse verschafft und so weiter. Juristen sprechen vom Vorfeld der Tat: Es geht um Handlungen, die für sich genommen völlig legal sind und nur deshalb inkriminiert wer-den, weil sie eine Tat in der Zukunft nach sich ziehen könnten.
Weil nicht jeder, der einen Wecker kauft, daraus einen Zeitzünder bauen will, bekommt man Wecker in jedem Supermarkt. Wer den Wecker aber kauft, um damit eine Bombe zu bauen, macht sich strafbar, schon bevor die Bombe platzt. Entscheidend ist der »subjektive Tatbestand«, der Wille. 2009 wurde die Strafbarkeit der »Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat« (Paragraph 89 a, b StGB) eingeführt und damit die Vorbereitung der Vorbereitung der Tat unter Strafe gestellt. Die entsprechende Motivation vorausgesetzt macht sich strafbar, wer Informationen darüber sammelt, wie aus dem Wecker ein Zeitzünder gebaut werden kann. Damit ­sollte die Strafbarkeit bereits auf die Ausbildung in einem »Terror-Camp« ausgeweitet werden. Der neue Entwurf will nun bereits bestrafen, wer eine solche Reise nur plant, und das weltweit. Denn wie bereits in den seit 2009 geltenden Vorschriften wird als Rechtsgut, das es schützen gilt, nicht nur der deutsche Staat und die Verfassungsordnung, sondern der »Bestand und die Sicherheit eines Staates« insgesamt definiert. Welcher Staat dabei als schützenswert gilt und welcher nicht, das bestimmt per Verfolgungsermächtigung der Bundesjustizminister – und damit auch, welche Reise eine Terrorreise ist und welche nicht. Rein tatbestandlich ist die Planung einer »Terrorreise« nicht mehr als eine normale Reiseplanung. So wird die Möglichkeit zur Strafverfolgung – und damit zu umfassenden Ermittlungen – den außenpolitischen Bedürfnissen der Regierung angepasst. Denn keineswegs soll jeder Staat geschützt werden, sondern nur derjenige, der aus Gründen der Staatsräson schützenswert erscheint. Das aber kann sich schnell ändern. Und damit auch, wer Tourist ist und wer Terrorist.