Kritische Tweets

Kritik von Cartoonisten war wieder einmal nicht erwünscht. Für seine Äußerung mit dem Leben bezahlen, wie die Berufskollegen von Charlie Hebdo, musste Zulkifli Anwar Ulhaque zum Glück nicht. Doch der malaysische politische Cartoonist, besser bekannt unter dem Namen Zunar, wurde Dienstagnacht vergangener Woche in Malaysia wegen »Volksverhetzung« festgenommen – ein weiterer Rückschlag für die Meinungsfreiheit und die Demokratie. Der 52jährige hatte zuvor per Twitter die Verurteilung des Oppositionsführers Anwar Ibrahim kritisiert: »Die in den schwarzen Roben waren stolz, als sie das Urteil fällten. Die Belohnung von ihren politischen Herren muss lukrativ sein.« Anwar Ibrahim war an jenem Dienstag wegen angeblicher »Sodomie« (Homosexualität) zu fünf Jahren Haft verurteilt worden. Es war nicht das erste Mal, dass er deswegen vor Gericht musste. Anwar Ibrahim sieht sich als Opfer eines Komplotts der Regierung. In einem Cartoon zeichnete auch Zunar den Richterspruch als politisches Urteil des Ministerpräsidenten Najib Razak.
Zunar hat schon häufiger den Unwillen des Staatsapparats auf sich gezogen. So karikierte er beispielsweise den malaysischen Ministerpräsidenten Najib Razak sowie dessen als Verschwenderin berüchtigte Frau Rosmah Mansor und kritisierte eben auch die politisch motivierten Prozesse gegen den Oppositionsführer. Ein paar Tage vor seiner Verhaftung war auch Zunars Büro von der Polizei durchsucht worden, allerdings in einer anderen Ermittlungssache wegen »Volksverhetzung«. Die Ehefrau des Cartoonisten, Fazlina Rosley, sagte der Nachrichtenagentur AFP, ihr Mann werde weiter das System seines Landes kritisieren, auch wenn er deswegen ins Gefängnis müsse. Am Dienstag vergangener Woche ließ der malaysische Polizeichef Khalid Abu Bakar wissen, dass auch gegen zwei Oppo­sitionspolitiker wegen kritischer Tweets über die Verurteilung Anwars ermittelt werde – interessanterweise teilte der Polizeichef dies ebenfalls per Twitter mit. Dieses Beispiel zeigt, dass die sozialen Netzwerke nicht nur zur Überwachung der Bürgerinnen und Bürger genutzt werden, sondern auch dazu, um sie einzuschüchtern. Die USA und Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch kritisierten die jüngsten Verurteilungen und die Vorgehensweise der malaysischen Regierung. Es bleibt zu hoffen, dass sich die Kritiker in Malaysia weder Stift noch Tweet verbieten lassen.