Berlin Beatet Bestes. Folge 278.

Offen für Neues

Berlin Beatet Bestes. Folge 278. Diamond and The Psychotic ­Neurotics: Stunts, Blunts and HipHop (1992). Ghostface Killah: 36 Seasons (2014). MF Doom und Bishop Nehru: Nehruvian Doom (2014).

Zu alt für einen Vollbart, zu alt, um hip zu sein, seit Jahren nur noch mit Werbeplatten, Schallfolien und Swingtanz beschäftigt, habe ich längst aufgegeben zu checken, was läuft. Gemütlich pflege ich seit vielen Jahren meine Ahnungslosigkeit und nenne sie Eklektizismus. Zum Glück besuche ich dennoch regelmäßig Plattenläden, in denen aktuelle Tonträger angeboten werden. Zwar gucke ich gewohnheitsmäßig immer in denselben Sparten, aber das breitgefächerte Angebot der Läden erlaubt auch hin und wieder einen Ausflug in unbekannte Gefilde. Wer sich auf Youtube von einem Video zum nächsten klickt, Internetradio hört oder bei Bandcamp stöbert, kommt natürlich genauso leicht an neue Musik. Mir geht es allerdings um Objekte, da ist die Erfahrung greifbarer.
Neulich kramte ich in der HipHop-Kiste bei den Neuerscheinungen. Anfang der neunziger Jahre hatte ich zuletzt HipHop-Platten gekauft, jetzt nahm ich gleich drei mit nach Hause. Zunächst möchte ich eine Wiederveröffentlichung des 1992 erschienenen Albums von Diamond and The Psychotic Neurotics, »Stunts, Blunts and Hip Hop«, vorstellen. HipHop-Fans werden müde gähnen, und ich selbst erinnere mich auch noch an einige Hits des Albums, etwa »A Day in The Life«, »Check One, Two« und das Titelstück. Leider habe ich die Platte damals nicht gekauft, ein schwerer Fehler. Es ist eine top Tanzplatte. Jazz- und Soulsamples ziehen sich durch alle Tracks. Überhaupt ist hörbar, dass die Samples noch mit Schallplattenaufnahmen gemacht wurden, dass HipHop-DJs noch durch Plattenläden zogen und eifrig Platten sammelten.
Ähnlich hört sich auch das Ende 2014 erschienene Album »36 Seasons« von Ghostface Killah an. Es ist bereits das elfte Album des Wu-Tang-Clan-Mitglieds. Das Old-School-Feeling des mit satten Soul- und Funksamples hinterlegten Albums ist vielleicht dem Umstand geschuldet, dass Ghostface einfach mal selbst alt ist. Mit Mitte 40 ist der Geschmack gefestigt und der Stil sicher. Mir gefällt die Scheibe ausnehmend gut, ich muss mir also auch noch die vorherige besorgen, »Twelve Reasons to Die«. Zu diesen beiden Konzeptalben erschienen übrigens Comic-Miniserien im Superhelden-Stil, in denen die Geschichten, die in den Songs erzählt werden, nachgezeichnet wurden.
Zuletzt das ebenfalls Ende 2014 erschienene Album »Nehruvian Doom« von MF Doom und Bishop Nehru. Wie schon das Comic-Cover andeutet, stehen auch hier Comics im Mittelpunkt. Die Old-School-Samples des 44jährigen Doom, der sich nach dem bösen, maskierten Marvel-Comicschurken Dr. Doom benannt hat, dem ewigem Widersacher der Fantastic Four, werden von der jugendlichen Energie des 18jährigen Rappers Nehru aufgefrischt. Auch diese Platte überrascht durch ihre vielfältigen, funkigen Samples. Wie bereits anfangs gesagt, ich habe nicht die geringste Ahnung, was heutzutage cool ist. Aber mir gefallen diese Platten, und ich hoffe, der jazzig-soulige HipHop-Sound der frühen Neunziger kommt zurück. Ich bin bereit für neue Platten.
Mein Name ist Andreas Michalke. Ich zeichne den Comic »Bigbeatland« und sammle Platten aus allen Perioden der Pop- und Rockmusik. Auf meinem Blog Berlin Beatet Bestes (http://mischalke04.wordpress.com) stelle ich Platten vor, die ich billig auf Flohmärkten gekauft habe.