Griechischer Arm

Selten verschlägt es einen beim Besuch von Veranstaltungen über die extreme Rechte nach Berlin-Steglitz. Sonst finden Antifa-Veranstaltungen immer in den innerstädtischen Szenekiezen oder Ostberliner Stadtteilen mit Neonaziproblemen statt. In Steglitz ist Westberlin am westberlinerischsten. Hier befinden sich die Räume des Griechischen Kulturzentrums. In dieses luden am vergangenen Samstag das Athener Büro der Rosa-Luxemburg-Stiftung, der Verein Griechischer Akademiker und die Hellenische Gemeinde zu Berlin zur Vorstellung der Studie »Der ›tiefe Staat‹ im heutigen Griechenland und der Rechtsextremismus. Polizei, Justiz, Militär, Kirche«. Der gut gefüllte Veranstaltungsraum wirkt, als sei er Udo Jürgens’ bekanntestem Schlager entsprungen. Die Teilnehmer bedienen hingegen keine Gastarbeiterklischees. Referent ist Dimitris Christodoulos von der Athener Panteion-Universität. Er hat die Studie zusammengestellt sowie den Abschnitt zur griechischen Polizei verfasst. Für seine Feldstudie führte er Interviews mit Polizisten. Die Polizei sei die Institution, die am stärksten vom rechtsextremen Einfluss durchdrungen ist, sagt er. Sie war diesem Einfluss auch am längsten ausgesetzt. Bis in die achtziger Jahre sei es ein »rechtextremer Job« gewesen, Polizist zu sein. Die Polizei bekämpfte den »inneren Feind«. Viele Polizisten mussten bei der Modernisierung der Behörde in den achtziger und neunziger Jahren erst alphabetisiert werden. Die größte Gefahr sieht Christodoulos aber in der griechischen Justiz. Denn selbst ein starker Arm wie die Polizei brauche einen Kopf. Dieser sei die Justiz. Damit wolle er nicht sagen, die Justiz im Besonderen stelle eine Gefahr für die Demokratie dar. Vielmehr konsolidierten ihre Urteile und die von ihr vertretenen Ansichten das normative Verständnis in den politischen Kreisen Griechenlands. Das werde, so Christodoulos, besonders wichtig mit Blick auf das Urteil zu den kriminellen Machenschaften der Goldenen Morgenröte.