Neukölln unterm Regenbogen

Nasser el-Ahmad aus Berlin war 15 Jahre alt, als seine aus dem Libanon stammenden Eltern von seiner Homosexualität erfuhren. Er wurde von seiner Familie mit dem Tod bedroht, misshandelt und schließlich entführt, um im Libanon zwangsverheiratet zu werden. Nur mit Glück konnte er entkommen (Jungle World 14/2015).
Inzwischen ist el-Ahmad 18 Jahre alt und hat den Schutz der Anonymität verlassen, um öffentlich gegen Homophobie zu kämpfen. Am Sonntag haben deutlich über 1 000 Menschen an einer von ihm organisierten Demonstration gegen Homophobie und Intoleranz teilgenommen. Unter dem Motto »Wir haben das Recht, so zu leben, wie wir sind – nämlich ohne Homophobie« zogen sie durch den Berliner Bezirk Neukölln. Zwischen Regenbogenfahnen waren auch die Linkspartei, die Grünen und die Jungen Liberalen sichtbar, Mitglieder von Pegida-Ablegern wurden zu Beginn zum Verlassen der Demonstration aufgefordert. El-Ahmad möchte offenbar gerade auch unter Muslimen für Akzeptanz werben, er präsentierte sich in einem T-Shirt mit der Aufschrift »I’m Muslim & gay« und wandte sich explizit gegen »antimuslimischen Rassismus«; es gelte, gegen Homophobie zu kämpfen und nicht gegen Religion. Gegen beides zu kämpfen, wäre zwar noch schöner, aber el-Ahmads Forderung »Homosexualität und Islam passen zusammen« ist pragmatisch wohl auch wichtig, schließlich können Betroffene wie er nicht auf das Absterben der Religion warten. Die Demonstration verlief friedlich, auch wenn es zu Pöbeleien durch einige Passanten und Anwohner kam. Diese erhielten mit Sprechchören wie »Analer Orgasmus – Jetzt! Jetzt! Jetzt!« die angemessene Antwort. Die Route war mit acht Kilometern Länge ehrgeizig, dem sonnigen Frühlingswetter sei Dank schafften es mehrere Hundert Demonstranten bis zur Abschlusskundgebung am Hermannplatz. Für den 15. Oktober ist bereits eine Nachfolgedemonstration geplant.