Tunisian Nights

Auf arabischen Basaren, so will’s das Märchenbuch, wird geschachert und gefeilscht, dass die Minarette wackeln; da wird beim Barte jener Großmutter geschworen, die man noch im selben Moment an den Meistbietenden verhökert. Seit der Terror den Krummsäbel schwingt, geht es leider nicht mehr ganz so lustig zu: Die Strände bleiben leer, die Basare verwaist. Gerade Tune­sien trifft es hart, deswegen hat man dort zum mächtigsten Mittel modernen Solidaritätsmanagements gegriffen, das der Menschenheit bekannt ist: der Pappschilder-Kampagne.
Mit dem Hashtag »Tunesien – jetzt erst recht« lassen sich auf der gleichnamigen Seite Leute aus der ganzen Welt mit entsprechend zusammengekrakelten Kartons abbilden, auf dass das Land bald schon wieder auf die Beine komme und wieder tüchtig mittanze im Ballett der Nationen. Doch wofür setzen sie sich ein, die Tunesien-Fans? Für Hilflslieferungen, für internationales Eingreifen, ein Flugticket für Jürgen Todenhöfer? Nein. Sie werben für einen total solidarischen Tunesien-Urlaub. Wie heißt’s so schön auf der Website: »Seit dem 18. März und den Ereignissen im Bardo-Museum ist die ganze Welt Bardo. Aber leider genügen Empörung und Mitgefühl nicht. Tunesien unterstützen heißt auch, weiter dorthin zu reisen. Tunesien unterstützen heißt, 400 000 Tunesier zu unterstützen, die in der Tourismusbranche arbeiten, und mindestens ebenso viele, die davon indirekt leben. Tunesien unterstützen heißt, das ganze tunesische Volk zu unterstützen, ein gastfreundliches Volk, das dieselben Werte von Freiheit und Demokratie vertritt wie Sie.« So dringt der Sound des Basars sogar noch in die Soli-Kampagne, und wer sich am All-inclusive-Buffet vollstopft, tut das künftig auch noch mit gutem Gewissen.