»Die Rechte« wird kleiner

Noch schlechter als das Vorbild

Vor drei Jahren wurde »Die Rechte« gegründet. Die bisherige politische Bilanz der Partei ist dürftig.

Ende April war es wieder einmal so weit. »Die Rechte« wechselte ihren Vertreter im Dortmunder Stadtrat aus. Nach Siegfried »SS-Siggi« Borchardt und dem nordrhein-westfälischen Landesvorsitzenden der Partei, Dennis Giemsch, hat nun Michael Brück das bisher einzige in der Geschichte der Partei durch Wahlen errungene Ratsmandat inne. Sein Vorgänger fiel vor allem mit einer antisemitischen Anfrage im Rat auf. Im November wollte er wissen, wieviele Menschen jüdischen Glaubens derzeit in Dortmund lebten.

Damit machte Giemsch Schlagzeilen. Ansonsten konnte »Die Rechte« bislang selten die öffentliche Aufmerksamkeit auf sich ziehen – und das, obwohl sie mittlerweile seit drei Jahren besteht. »Als Christian Worch die Partei vor drei Jahren gegründet hat, wollte er mit dem Label ›Die Rechte‹ ein plakatives Gegengewicht zur Partei ›Die Linke‹ schaffen«, sagt Alexander Häusler, Sozialwissenschaftler beim Forschungsschwerpunkt Rechtsextremismus und Neonazismus der Fachhochschule Düsseldorf. Zur Strategie habe es damals aber so gut wie keine Überlegungen gegeben. Unverhohlen den Nationalsozialismus zu vertreten, war offenbar nicht geplant. Worch, der eine lange Karriere in der militanten Naziszene hinter sich hatte, wollte die Partei eigenen Angaben zufolge inhaltlich eher an der DVU orientieren und so eine Konkurrenz zur NPD aufbauen. »Weniger radikal als die NPD«, dafür aber »radikaler als Republikaner und Pro-Bewegung« solle die Partei sein, hieß es kurz nach der Gründung in einer offiziellen Stellungnahme im Juni 2012.
Doch im Gegensatz zum Vorbild DVU blieben Wahlerfolge aus. Neben Dortmund ist »Die Rechte« lediglich im niedersächsischen Verden und im sächsischen Bautzen im Stadtparlament vertreten – und das auch nur, weil dort die gewählten Vertreter der NPD nach der Wahl überliefen. Neben Nordrhein-Westfalen gibt es Landesverbände in Baden-Württemberg, Berlin, Brandenburg, Niedersachsen und Sachsen, jedoch ohne dass »Die Rechte« dort eine Rolle spielen würde. Die Parteitätigkeit in Hessen wurde vergangenes Jahr eingestellt. Das ist nach drei Jahren des Bestehens alles andere als eine erfolgreiche Bilanz.
Als letzte Bastion bleibt Dortmund. In der Ruhrgebietsstadt konnte »Die Rechte« auf Kreise zurückgreifen, die teilweise schon seit mehr als 30 Jahren bestehen: sei es die Hooligan-Gruppe Borussenfront um Borchardt, die vor allem in den achtziger Jahren berüchtigt war und damals mit der später verbotenen Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei (FAP) Michael Kühnens kooperierte, oder der im Jahr 2012 verbotene »Na­tionale Widerstand Dortmund« (NWDO), zu dem auch Brück und Giemsch gehörten. Die Mitglieder des NWDO sind wie auch diejenigen der »Kameradschaft Hamm«, zu der das »Die Rechte«-Vorstandsmitglied Sascha Krolzig zählte, fast vollständig zu Worchs Partei gewechselt.

»Die Parteigründung war der offensichtliche Versuch, die Vereinsverbote zu umgehen und den militanten Neonazis eine neue Heimat zu bieten«, sagt Häusler. Die aus dieser Szene stammenden Kader bestimmen seitdem Organisation und Inhalt. Versuche, sich den Ablegern der »Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes« in Bonn, Duisburg und Düsseldorf anzuschließen, brachten keinen Erfolg. In Duisburg marschierten Brück, Giemsch und Kameraden Anfang des Jahres sogar in einer Reihe mit einer Delegation der nordrhein-westfälischen NPD – darunter auch der Landesvorsitzende Claus Cremer. Anfangs wurden sie geduldet, später zu unerwünschten Gästen erklärt.
»Die Aktivitäten der Partei sind eher von einem gewaltorientierten Territorialverhalten als von parteistrategischen Überlegungen geprägt«, so Häusler. Es gehe schließlich auch darum, die Mitglieder bei Laune zu halten. Fackelaufmärsche vor Flüchtlingsheimen gehören beispielsweise zum Programm. Über soziale Medien wurden fiktive Todesanzeigen von kritischen Journalisten veröffentlicht. In den Anzeigen war auch ein Verweis auf den Versandhandel »antisem.it« zu finden, der von Brück geleitet wird und neben Propagandamaterial auch Ausrüstung für den Nahkampf im Sortiment hat.
Der Sturm auf das Dortmunder Rathaus, bei dem mehrere Menschen verletzt wurden, ist ein weiteres Beispiel für das aggressive Verhalten von Parteimitgliedern und ihrer Sympathisanten. Mit Pfefferspray und Flaschen bewaffnet wollten sich etwa 30 von ihnen am Abend der Kommunalwahl im Mai 2014 gewaltsam Einlass verschaffen. Anschließend wurde nicht gegen die Neonazis ermittelt, sondern gegen die Personen, die sich ihnen entgegengestellt hatten. Die Ermittlungsbehörden unterstellten den Gegendemonstranten »Nazimethoden«, da sie versucht hätten, demokratisch gewählte Mitglieder des Rates daran zu hindern, das Rathaus zu betreten. Es war nicht das erste Mal, dass die Behörden in Dortmund Angreifer und sich Verteidigende verwechselten und die Gefahr von rechts unterschätzten.
Die Stadt weist eine lange Liste rechtsextremer Gewalttaten und Morde auf. Im Jahr 2000 erschoss der Neonazi Michael Berger erst drei Polizisten und dann sich selbst. Im Jahr 2006 ermordete der NSU den Kioskbesitzer Mehmet Kubaşık. Ein Jahr zuvor hatte das NWDO-Mitglied Sven Kahlin den Punk Thomas Schulz erstochen. Kahlin wurde zu sieben Jahren Haft verurteilt. Das Gericht bezeichnete ihn damals als Einzeltäter. Wie wenig isoliert er war, zeigten Plakate, die kurz nach der Tat in Dortmund hingen. »Wer sich der Bewegung in den Weg stellt, muss mit den Konsequenzen leben«, war auf ihnen zu lesen. Zum zehnten Jahrestag der Bluttat versammelte sich Ende März die militante Naziszene in Dortmund, um den Messerstecher zu feiern – darunter auch zahlreiche Mitglieder von »Die Rechte«.
»Ein erfolgreiches NPD-Verbotsverfahren könnte der Partei eventuell noch einmal einen Mitgliederschub bringen«, glaubt Häusler. Auch wenn strategische Allianzen zwischen den beiden Parteien die Ausnahme sind, dürften sich einige militante NPD-Mitglieder der Konkurrenz andienen. Immerhin gibt es bei den Nationaldemokraten ebenfalls Leute, die aus der Kameradschaftsszene kommen und im Falle eines Verbots ihrer Partei eine neue Betätigungsmöglichkeit suchen dürften – wenn dem nicht ein Verbot von Worchs Partei zuvorkommt.

Belege für deren militanten und verfassungsfeindlichen Charakter gibt es genug. Ein weiterer Ansatz wäre es, zu versuchen, ihr den Status als Partei abzuerkennen, um sie dann als Verein zu verbieten. Der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger (SPD) prüft diese Möglichkeit. Angesichts der kaum vorhandenen parlamentarischen Ambitionen ist das nicht abwegig. So wurde in einem im Auftrag der Linkspartei erstellten Gutachten berichtet, »Die Rechte NRW« habe auf ­ihrem jüngsten Parteitag verkündet, »überhaupt keine politische Willensbildung auf Landesebene vornehmen zu wollen«.
Sollte ein Verbot der Partei scheitern, könnte ihr immer noch das Personal ausgehen. Brück hat zwar angekündigt, bei der Kommunalwahl im Jahr 2020 in Fraktionsstärke ins Rathaus einzuziehen. Angesichts mickriger Umfragewerte erscheint die Prognose aber gewagt. Die Parteimitglieder fürchten zudem schon die mögliche Einführung der Drei-Prozent-Hürde. Trotzdem wäre es interessant zu sehen, wer dann antritt. Sollte der Verschleiß an Ratsherren im bisherigen Tempo weitergehen, dürfte es sich dann wirklich um das allerletzte Aufgebot handeln.