Führende Mitglieder der baskischen Guerilla Eta wurden verhaftet

Ohne Fahrerin im Mikrobus

Französische und spanische Antiterroreinheiten haben die Leitung der baskischen Guerilla Eta verhaftet.

Agorerreka Etxea heißt ein abgelegenes rustikales Landhaus in den Pyrenäen nahe der Atlantikküste bei Saint-Étienne-de-Baïgorry, zwei Kilometer von der Grenze zu Spanien entfernt. Fahnder der spanischen Guardia Civil und der französischen Gendarmerie kamen am Dienstag vergangener Woche aber nicht wegen der schönen Lage dorthin. Fünf Jahre hatte die Zielfahndung nach Iratxe Sorzabal und David Pla gedauert. Beide wurden in spanischen Medien als politische Leitung der baskischen Guerilla »Baskenland und Freiheit« (Eta) bezeichnet.
International bekannt wurden sie am 20. Oktober 2011, als drei mit Kapuzen und Baskenmützen Vermummte im Namen von Eta in einem Video erklärten: »Eta hat die definitive Einstellung der bewaffneten Aktivitäten beschlossen.« Pla und Sorzabal wurden anhand ihrer Stimmen schnell als jene identifiziert, die die Erklärung vorgetragen hatten. Beide waren lange in der Guerilla aktiv. Sorzabal wurde bereits 2001 verhaftet, isoliert und verhört. Ein unabhängiger Arzt attestierte danach schwere Verletzungen: Prellungen und vor allem Verbrennungen der Haut, wie sie durch Elektroden bei Stromschlägen verursacht werden. Das Gericht sprach sie frei, weil die einzigen Beweise gegen sie die Selbstbezichtigungen waren, zu denen sie in der Isolationshaft gebracht worden war. Sie floh nach Frankreich, tauchte unter und schloss sich erneut Eta an. 14 Jahre lebte sie im Untergrund, bis zu ihrer Verhaftung am 22. September. Zusammen mit Pla und zwei weiteren Verhafteten wurde sie nach Paris überführt, wo Untersuchungsrichter Haft anordneten, wegen »Zugehörigkeit zu einer terroristischen Organisation« und angeblicher »Planung von Attentaten«.

Der Gerichtshof für Terrordelikte in Madrid, Audiencia Nacional, wird ihre Auslieferung verlangen, die Zusammenarbeit der französischen und der spanischen Justiz ist bei Prozessen gegen Eta-Mitglieder (Etarras) eng. Die Staatsanwaltschaft der Audiencia Nacional hat bereits 21 Ermittlungsverfahren gegen Sorzabal wegen ter­roristischer Delikte wiederaufgenommen. Es sind die Vorwürfe, die 2003 allesamt abgewiesen wurden wegen der mutmaßlichen Folter. Angeblich gibt es jetzt neue Beweise. In Spanien gibt es von konservativen Verbänden von Eta-Opfern aber eine Initiative, Eta-Mitglieder des Völkermordes am spanischen Volk anzuklagen, um sie unabhängig vom konkreten Tatnachweis über eine kollektive Verantwortung verurteilen zu können.
Sorzabal soll zwischen 1994 und 1997 im Eta-Kommando Ibarla aktiv gewesen sein. Dieses wird verantwortlich gemacht für die gezielte Tötung zweier Polizisten und für die gleichzeitige Zündung von fünf Sprengsätzen in einem Kaufhaus in Valencia 1994; zahlreiche Menschen wurden verletzt, einer getötet. Ein erneuter Prozess mit den mutmaßlich unter Folter erzwungenen Geständnissen wird aber kaum zur Aufarbeitung und Kritik dieser Anschläge und der zugrundeliegenden nationalistischen Ideologie beitragen.
Spaniens konservativer Innenminister Jorge Fernández Díaz feierte die Verhaftungen als einen weiteren Schritt zur bedingungslosen Kapitulation der Guerilla: »Dies ist praktisch die Sterbeurkunde der Eta.« Was von Eta übrig sei, »passt in einen kleinen Mikrobus«, der »seit gestern ohne Fahrer« sei. Der Staat werde die Eta-Mitglieder »bis zur vollständigen Vernichtung der Bande« verfolgen. Seit die konservative Volkspartei (PP) Ende 2011 die Regierung übernommen hat, wurden in Spanien 158 Etarras eingesperrt. »Wir haben nicht mit Eta verhandelt, verhandeln nicht und werden nicht mit Eta verhandeln«, so Fernández Díaz.
Der Analyst Luis R. Aizpeolea hielt dem in der Zeitung El País entgegen, die Verhaftung der politischen Leitung von Eta sei fahrlässig: Das vergrößere die Gefahr, dass Teile der Gruppe das Ende des bewaffneten Kampfes nicht mehr mittragen und separat weiterkämpfen. Die Vermittler einer seit 2010 aktiven internationalen Kontaktgruppe sind, so ihr Sprecher Alberto Spektorowsky, »besorgt«. Es sei »kontraproduktiv«, die möglichen Verhandlungspartner zu verhaften.