Die Regionalwahlen in Katalonien

Rote Steine im Weg

Bei den Regionalwahlen in Katalonien haben erwartungsgemäß die Nationalisten gewonnen. Aber deren linker Flügel macht nun Ärger.

Selbst der wiedergewählte griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras wurde vergangene Woche kurzfristig zum Katalanen. Per Twitter wandte er sich – auf katalanisch – an die Bevölkerung der spanischen Region: »Katalanen, wählt diesen Sonntag für Europa. Wir brauchen überall Regierungen des Wandels, um die Demokratie zu retten. Viel Glück @CatSiqueesPot«. Ohne Erfolg, die nationale Identität war in Katalonien stärker als die internationale Solidarität. Syrizas spanische Schwesterpartei Podemos, die mit den Grünen und der nichtnationalistischen Linken im Bündnis »Catalunya Sí que es Pot« (auf Twitter: CatSiqueesPot) zur Wahl angetreten war, kam nur auf elf Sitze im Parlament und schnitt damit so schlecht ab wie die in Katalonien verhasste rechtskonservative Volkspartei (PP). Als Sieger sind aus den mit Spannung erwarteten »plebiszitären« Regionalwahlen am Sonntag, die das vom Verfassungsgericht verbotene Referendum ersetzen sollten, die nationalistischen Parteien hervorgegangen. Aber anders als erwartet.
Von der linksnationalistischen Traditionspartei ERC bis hin zur konservativen CDC hatte sich unter dem Namen »Junts pel sí« (Gemeinsam für ein Ja) eine nationalistische Einheitsfront gebildet. Für den Fall der absoluten Mehrheit hatte diese bereits eine road map vorgelegt, mit der Katalonien innerhalb von 18 Monaten zu einem unabhängigen Staat werden sollte. Doch die Liste hat um sechs Sitze jene Mehrheit verpasst, die sie selbst als Bedingung angegeben hatte. Die Nationalisten stellen zwar die Mehrheit im Parlament, jedoch nur zusammen mit den zehn Abgeordneten der linksradikalen Separatisten der CUP (Candidatura d’Unitat Popular). Die aber will sich nicht unterordnen. Zwar hatte die CUP zuvor deutlich gemacht, dass auch ihre Stimmen ein klares Zeichen für die Unabhängigkeit seien, zugleich aber lehnt sie die nationalistische Querfront ab. Ursprünglich ein eher loses Wählerbündnis linker Nationalisten, das noch bis 2012 ausschließlich in der Kommunalpolitik aktiv war, ist die CUP nun zum entscheidenden Akteur geworden. Aber selbst mit den Stimmen der CUP hat der nationalistische Flügel nur 48 Prozent der Wählerstimmen auf sich vereinigen können. So zeigt das Wahlergebnis vor allem, wie tief die katalanische Gesellschaft gespalten ist.
Immerhin hat durch die neue Situation der nationalistische Diskurs wieder etwas an Inhalt gewonnen und dreht sich derzeit nicht nur um die Frage, welche Fahne zukünftig am Rathaus hängen soll. Denn bislang pocht die CUP auf ihre antikapitalistische Linie und will diese nicht zugunsten der nationalen Einheit aufgeben. Artur Mas, bisheriger katalanische Regierungschef und designierter Nationalheld, der Katalonien nach den Wahlen in die vermeintliche Freiheit führen sollte, wird von der CUP abgelehnt. Zur Diskussion über Kompromisskandidaten ließ sie sarkastisch verlauten: »Wenn die CDC jemanden findet, der weder die Sparpolitik unterstützt noch korrupt ist, sollen sie ihn vorschlagen.« Die kommenden Wochen werden zeigen, ob die CUP ihren rebellischen Gestus beibehält. Wenn ja, verhindert sie möglicherweise eine Regierungsbildung in Katalonien und es würde bald Neuwahlen geben. Oder sie schließt sich vollends dem bürgerlichen Projekt des katalanischen Nationalismus an.