Starke ­Bildung

Tiefe Sorgenfalten zerfurchen die Gesichter der Regierenden in diesen Tagen, da der Pöbel Deutschlands Straßen heimsucht – bildungsferne Personen offenbar, die ihre wenig werbetauglichen Slogans bereitwillig in jede Kamera halten und dabei ungelenk hässliche, fremdenfeindliche Parolen in die Mikrophone sprechen. Oder ist das gar kein Sprechen mehr, dieses hasserfüllte Lallen aus verzerrten Mündern? Wo kommt das her, was ist zu tun? So schauen verzweifelte Ministerinnen und schaudernde Minister stumm und mit schreckgeweiteten Augen vom einen zum anderen und suchen Hilfe in ihrer Mitte und siehe, die Bildungsministerin Wanka weiß Rat. Sie weiß, was mit das Stärkste ist, das man gegen Fremdenhass einsetzen kann: »Bildung ist mit das Stärkste, was man gegen Fremdenhass einsetzen kann. Deswegen brauchen wir mehr politische Bildung. Wir müssen die Wertschätzung für Demokratie stärken. In den Schulen müssen die Vorzüge demokratischer Verhältnisse besser vermittelt werden.«
Ein Leuchten erhellt die Gesichter der trauten Runde, Bildung! Ist ja richtig! In den Schulen! Das ist gut, finden alle und wenden sich beglückt ihrer eigentlichen Tätigkeit zu, die sie pöbelbedingt schändlich lange unterbrechen mussten, dem Schnüren nämlich. Fleißig schnüren sie weiter an dem Bündel Gesetzesänderungen, das die Vorzüge demokratischer Verhältnisse ganz hervorragend verdeutlicht, da die in ihm enthaltenen Änderungen wie etwa die Einstufung von Albanien, Montenegro und dem Kosovo als sichere Herkunftsländer, in die Flüchtlinge schneller zurückgeschickt werden können, laut Meinungsforschung von 80 Prozent der deutschen Bevölkerung für sehr richtig gehalten werden.
Unter diesen 80 Prozent sind solche, die lange zur Schule gegangen sind, und solche, die sie nur kurz besucht haben, es sind darunter lange dünne Wirtschaftswissenschaftler und kleine dicke Gabelstaplerfahrerinnen, cholerische Ärztinnen und zuvorkommende Küchenhilfen, ganz verschiedene Personen, die allesamt Länder, in denen Menschen gezwungen sind, abgeschnitten von medizinischer Versorgung auf Müllkippen zu leben, als »sicher« empfinden, jedenfalls für die anderen. Und einige wenige von diesen 80 Prozent haben nicht verstanden, dass sie wertschätzen sollten, dass wir in einer Demokratie leben und sie nicht wutverzerrt auf die Straße gehen müssen mit Slogans, die sich schlecht in der internationalen Presse machen. Und wäre es da nicht geradezu eine Vernachlässigung des Menschenrechtes auf Bildung, wenn wir in den Schulen jetzt nicht noch mal hingingen und ihnen erklärten, in ganz kleinen überschaubaren Lektionen und mit vielen bunten Bildern, wann und wie ein guter deutscher Bürger seinen Fremdenhass auszuleben hat und wann und wie nicht?