Salafistenprediger Sven Lau verhaftet

Bruder Nummer Drei wieder im Knast

Der bekannte Salafistenprediger Sven Lau wurde erneut verhaftet. Die Bundesanwaltschaft wirft ihm vor, die in Syrien aktive Terrorgruppe JAMWA unterstützt zu haben. Bereits im Frühjahr 2014 saß Lau wegen mutmaßlicher Unterstützung von Jihadisten im syrischen Bürgerkrieg in Untersuchungshaft. Damals gab es nur vage Anhaltspunkte, diesmal könnte es anders ausgehen, denn es gibt einen Kronzeugen.

Der Generalbundesanwalt wirft Sven Lau vor, »als verlängerter Arm« der islamistischen Organisation JAMWA (Jaish al-Muhajireen wal-Ansar; etwa: »Armee der Auswanderer und Helfer«) in Deutschland tätig gewesen zu sein. Der 35jährige, auch bekannt als Abu Adam, soll im Großraum Düsseldorf als Anlaufstelle für »kampf- und ausreisewillige« Salafisten fungiert haben. Außerdem soll Lau bei einer Syrien-Reise Geld an JAMWA übergeben und der Organisation später drei Nachtsichtgeräte besorgt haben. Die Generalbundesanwaltschaft wirft dem gebürtigen Mönchengladbacher konkret vor, »in vier Fällen eine ausländische terroristische Vereinigung unterstützt zu haben«. Die Taten, die Lau begangen haben soll, fallen alle in das Jahr 2013. Wegen ähnlicher Vorwürfe für den selben Zeitraum saß Lau im Frühjahr 2014 schon einmal in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart warf ihm damals vor, unter dem »Deckmantel humanitärer Hilfe« Gelder gesammelt zu haben, um eine »jihadistische Gruppierung im Kampf gegen die amtierende syrische Regierung« zu unterstützen. Die Vorwürfe konnten damals allerdings nicht erhärtet werden. Lau wurde nach dreimonatiger Untersuchungshaft wieder aus dem Gefängnis entlassen. Danach allerdings entzog die Stadt Mönchengladbach Lau den Reisepass. Seine Klage dagegen scheiterte, da auch das Düsseldorfer Verwaltungsgericht erhebliche Zweifel hatte, ob Lau sich bei einem Auslandsaufenthalt nicht an Kampfhandlungen beteiligen würde. Als Beleg dafür diente unter anderem ein Bild, dass ihn mit einer Kalaschnikow vor einem Panzer posierend zeigte.
Bundesweit für Aufsehen sorgte eine Aktion vom Sommer 2014. Damals lief Lau mit einigen Unterstützern als »Shariah Police« gekennzeichnet durch Wuppertal. Dabei trugen die Islamisten einheitliche Warnwesten. Ein Ermittlungsverfahren wegen Verstoßes gegen das Uniformierungsverbot wies das Landgericht Wuppertal kürzlich ab. Gegen Lau wird jedoch noch wegen der Durchführung einer nichtangemeldeten Demonstration ermittelt. Gegen die Vorwürfe, die nun zu seiner Verhaftung führten, nimmt sich diese Ermittlung allerdings als geradezu harmlos aus.

Mit dem 25jährigen Deutsch-Libanesen Ismail I. hat die Generalbundesanwaltschaft einen Kronzeugen aufgetan, der von seiner Zusammenarbeit mit Lau berichtete. Ismail I. hatte sich JAMWA im Sommer 2013 angeschlossen. Er beteiligte sich an mindestens einem Kampfeinsatz und kehrte später nach Deutschland zurück. Nachdem er mit zwei weiteren Islamisten in Deutschland Ausrüstungsgegenstände für den Jihad in Syrien besorgt hatte, wurde er beim Versuch, in das Bürgerkriegsland zurückzukehren, verhaftet. Im März 2015 verurteilte das Oberlandesgericht Stuttgart Ismail I. zu einer Haftstrafe von vier Jahren und sechs Monaten. Die Richter sahen seine Mitgliedschaft in der terroristischen Organisation JAMWA als erwiesen an. Ismail I. distanzierte sich im Prozess vom Salafismus und machte umfangreiche Aussagen, die auch zur Verhaftung anderer Salafisten geführt haben. Seine Aussagen gegen Lau führten nun zu dessen Inhaftierung.

Lau ist, wenn es um die Prominenz deutscher Salafisten geht, so etwas wie die Nummer Drei. Nicht ganz so medienwirksam wie der ehemalige Boxer Pierre Vogel, organisatorisch nicht so wichtig wie Ibrahim Abou-Nagie, der Initiator und Leiter der Koranverteilungsaktion »Lies«. Dafür kann der Konvertit Lau mit anderen Eigenschaften punkten. Lau fungiert als Bindeglied zwischen verschiedenen salafistischen Strömungen. Während andere Prediger sich oft untereinander streiten, ist Lau zumeist um gute Kontakte in alle Richtungen bemüht – auch zu den Strömungen innerhalb der salafistischen Bewegung, die mit dem Einsatz von Gewalt und terroristischen Aktionen liebäugeln. Ein Beispiel dafür ist die Kundgebung, die Lau für »alle muslimischen Gefangenen« im März in Wuppertal organisierte. Prominenter Redner bei der Kundgebung war der ehemalige linke Antiimperialist und wegen vierfachen Mordversuchs und diverser Sprengstoffverbrechen verurteilte Bernhard Falk, der aus seinem Verständnis für jihadistische Terroranschläge kein Geheimnis macht.
Wegen Laus Funktion als Bindeglied zwischen den verschiedenen salafistischen Strömungen kommt er nun auch in den Genuss der Solidarität unterschiedlicher Islamisten. Bereits kurz nachdem die Verhaftung bekannt geworden war, gab es Statements zahlreicher Salafisten. Vogel etwa erklärte seine Solidarität mit Lau in einem Video. Die Aussagen von Ismail I. sind für Vogel ein »Märchen«, das dieser erfunden habe, nachdem er vom Staat unter Druck gesetzt worden sei. Auch die Medien spielten ein falsches Spiel, um Muslime und Nichtmuslime gegeneinander aufzuhetzen. Ihr Ziel sei, dass es »auf den deutschen Straßen knallt«. An seine Anhänger wendet sich Vogel mit der klaren Ansage, man sei bereit, für die Botschaft des Islam »zu leben und zu sterben«, man dürfe nun »keinen Millimeter« zurückweichen und sich nicht einschüchtern lassen. Unterlegt ist Vogels Botschaft von einem Naschid (eine gesungene religiöse Botschaft) mit dem Titel »Wir werden nie und niemals vom Weg Gottes abkommen. Wir sind die Soldaten Gottes«. Diese Wahl dürfte Vogel bewusst getroffen haben. Das Stück erfreut sich auch unter militanten Islamisten großer Beliebtheit.

Auch der Leiter der Salafistenorganisation »Siegel des Propheten«, Erol Selmani, wendet sich in einem Video an seine Anhänger. Für ihn ist die Festnahme Laus »hinterlistig« und vom Hass auf den Islam getrieben. Die Justiz wolle den Islam in Deutschland »plattmachen«. Die Vorwürfe gegen Lau hält Selmani für falsch, Lau sei der friedlichste Mensch, den er kenne. Sein Statement beendet Selmani mit dem Wunsch, Allah möge die »Islamhasser zerstören«. Besonders verärgert zeigen sich Selmani, Vogel und auch Falk über die Bilder von Laus Festnahme. Lau ist darauf mit verbundenen Augen und Ohren zu sehen. Dies sei eine unwürdige Behandlung. In einer bei Islamisten beliebten Montage wird das Foto von Lau dem des norwegischen Rechtsterroristen Anders Breivik gegenübergestellt, der nach seiner Verhaftung normal in einem Auto sitzt.
Mittlerweile rufen Salafisten zur praktischen Solidarität mit Lau auf. Man solle ihm Briefe in die Justizvollzugsanstalt Aachen schreiben, beim Schreiben aber, wie Vogel sagt, bedenken, »nur vernünftige, freundliche« Dinge zu schreiben und keine Gewaltaufrufe ins Gefängnis zu senden. Dies könne dem Schreiber und auch dem Inhaftierten schaden.