Der will nur mitspielen

Heute Diether Dehm, Liedermacher und Bundestagsmitglied der Linken

Liebe Genossen,

viel Kritik von Seiten gewisser antiaufklärerischer und antirevolutionärer Elemente musste ich mir in letzter Zeit anhören. Es ging um eine Lappalie beziehungsweise Personalie: Christian Klar, mein derzeitiger IT-Mensch, Systemintegrator und Hausmeister, ist ins Fadenkreuz der Reak­tion gekommen. Der seit einer längeren Haftstrafe unbescholten und unauffällig lebende Familienmensch Klar, ein im Übrigen sehr feinsinniger und kunsttoleranter Mensch mit CDs von mir, ist offenbar parteiübergreifend Projektionsfläche von Friedensfeinden allerorten geworden. Hierzu folgende Klarstellung bzw. Klar-Stellung: Seit der Christian für mich arbeitet, ist es in meinem Büro weder zu Entführungen noch zu antikapitalistischen Tötungsaktionen gekommen. Das ist etwas, worauf ich Wert lege, und das habe ich dem Christian auch gleich gesagt und in der Teamkonferenz noch mal für alle festgelegt. Tötungen sind für mich kein team-building tool und sollten für das reaktionäre und impe­rialistische Ausland aufgespart werden. Und dann nach Möglichkeit nur in der Freizeit und nicht mit Materialien aus dem Deutschen Bundestag. Die einzige Gefahr, die von Chrissy derzeit droht, ist ein etwas zu starker Kaffee und ein paar allzu flapsige Bemerkungen bei unseren Meetings (»haltet mal die Fresse, ihr Fotzen«). Das ist ein Tonfall, den ich mir ebenfalls für den Klassenfeind aufgespart wünsche. Und der Chrissy hat mir auch versichert, dass das ein Einzelfall bleibt.
Was ich sagen will, ist: Ich habe den Klar an der Leine, der macht nichts mehr, der will nur mitspielen. Wie wir alle, letztlich. Auch ich hoffe, dass sich keiner mehr an meine Verbrechen erinnert, zum Beispiel an meine Musik oder daran, dass ich Gerhard Schröder zum Juso-Vorsitzenden gemacht habe. Es war alles eine andere Zeit damals, es war eine andere Debattenkultur. Und wenn die Gespenster von einst doch nicht vollständig ausgetrieben werden können, dann haben sie mit uns immer noch einen Ort, wo sie weiterspuken können.
Mit solidarischen Grüßen
Euer Diether