In Rheinland-Pfalz ist Wahlkampf

Feministin gegen Weinkönigin

Kommende Woche wird in Rheinland-Pfalz ein neuer Landtag gewählt. SPD und CDU treten jeweils mit einer Frau als Spitzenkandidatin an. Drittstärkste Partei könnte die »Alternative für Deutschland« werden.

»Flüchtlingszahl reduzieren. Wissen, wer zu uns kommt. Entscheiden, wer bleiben darf. Zurückschicken, wer gehen muss.« Mit diesen neben das Konterfei ihrer Spitzenkandidatin Julia Klöckner gedruckten Sätzen wirbt die CDU auf Plakaten im Landtagswahlkampf in Rheinland-Pfalz. Sie versucht damit, die Angst vieler Menschen vor den vermeintlich zu zahlreichen Flüchtlingen zu nutzen, und befeuert diese so. Zugleich will die CDU damit einen Wahlerfolg der »Alternative für Deutschland« (AfD) verhindern, die zuletzt in Umfragen als drittstärkste Partei bei etwa neun Prozent lag.

Die Landtagswahl am 13. März ist die erste in Deutschland, bei der zwischen zwei Frauen entschieden wird. Der christdemokratischen Herausforderin Klöckner steht die amtierende Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) gegenüber. Die CDU hofft, erstmals seit 1991 wieder die Regierung zu führen. Die Christdemokraten galten bereits als sichere Sieger, doch je näher die Wahl rückt, desto knapper wird der Vorsprung vor der SPD. Im Herbst lag er zeitweise bei elf Prozentpunkten, Ende Februar war er auf zwei zusammengeschmolzen.

Auch wenn Infratest dimap am Dienstag den Vorsprung der CDU wieder bei vier Prozentpunkten sah – der Wahlausgang in dem Vier-Millionen-Einwohner-Land dürfte knapp werden. Aber es sieht so aus, als werde die bisherige rot-grüne Koalition ihre Mehrheit verlieren. Dreyer hatte 2013 Ministerpräsident Kurt Beck abgelöst, der nach 18 Jahren Amtszeit aus gesundheitlichen Gründen zurückgetreten war. Beck galt als typischer »Landesvater«. Er war anzutreffen auf sämtlichen Dorffeiern, Weinfesten und im Kaiserslauterer Fritz-Walter-Stadion.

Klöckner passt gut in dieses Profil. Sie wuchs in einer Winzerfamilie in einem kleinen Dorf nahe Bad Kreuznach auf, wurde mit Anfang 20 zur rheinland-pfälzischen Weinkönigin gewählt und spricht gerne ihren heimischen Dialekt. In einem Wahlspot spaziert sie mit Hund über die Pfälzer Felder, fährt mit dem Traktor über den Winzerhof und schneidet Weinreben, während sie »Integration ist Pflicht« oder »Ich werde mehr Polizei einsetzen« sagt. Während Klöckner schon 2011 Spitzenkandidatin war, ist es für ihre Kontrahentin Dreyer das erste Mal, nachdem sie während der laufenden Legislaturperiode Nachfolgerin von Beck wurde. Sie musste sich erst an die Rolle der »Landesmutter« anpassen.

Für die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) ist Dreyer eine Feministin und gehört dem linken Flügel der SPD an. Ein ­Widerspruch zu ihrer Rolle als »Landesmutter«? In der FAZ sagte sie: »Wenn ich auf Veranstaltungen bin, dann sagen total viele Leute: Sie sind ’ne prima Landesmutter. Am Anfang ist das seltsam, irgendwie. Inzwischen ist es so ein Stück Identifikation der Leute mit meinem Amt, meiner Person, das ist positiv.«

Der Wahlkampf ist personalisiert, um Inhalte geht es kaum. Im Vordergrund steht die Debatte über den Umgang mit Flüchtlingen. Dreyer spricht von gesamtgesellschaftlicher Politik, verantwortungsvoller Flüchtlingspolitik und von Menschlichkeit. Das bedeutet für sie: »schnellere Verfahren, mehr Anstrengungen für Integration, die Verteidigung des Asylrechts, Unterstützung für die Kommunen«. Man spiele die Menschen in Deutschland nicht gegeneinander aus. »Wir spielen Muslime nicht gegen Frauen aus. Wir spielen auch nicht Arbeitslose gegen Flüchtlinge aus. Wir denken Gesellschaft zusammen!« Diese Worte klingen sozial, dennoch unterstützt Dreyer die Bundes-SPD bei der Verschärfung der Asylgesetzgebung.

Klöckner dagegen stellt sich in der Flüchtlingspolitik wie der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) gegen die Politik von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Ohne ihre Parteifreundin direkt anzugreifen, fordert Klöckner Tageskontingente für Flüchtlinge. Das Programm nennt sie »A2« – es soll eine Fortsetzung der Flüchtlingspolitik Merkels sein, kein Gegenprogramm im Sinne eines Plan B. Die Bevölkerung in Rheinland-Pfalz ist empfänglich für rechtspopulistische Parolen. So ergänzten in einer SWR-Umfrage 45 Prozent der Befragten den Satz »Die vielen Flüchtlinge … « mit »machen mir Angst«.

Diese Angst spiegelt sich auch in den Umfrageergebnissen der AfD wider. Seit November stiegen sie von fünf auf neun Prozent. Nun konkurriert die AfD mit den Grünen, die derzeit bei acht Prozent stehen, um den Status als drittstärkste Partei. Dreyer wehrt sich gegen die AfD. Sie weigerte sich, an einer vom SWR geplanten »Elefantenrunde« mit dem AfD-Spitzenkandidaten Uwe Junge teilzunehmen. Im Interview mit Deutschlandradio Kultur sagte Dreyer über die Funktionäre der AfD: »Diese Menschen sind zu großen Teilen rechtsradikal und rassistisch.«

In der Tat gehört Junge selbst in der AfD noch zum rechten Rand. Nach 35 Jahren Mitgliedschaft trat er aus der CDU aus – mit der Begründung, konservative Werte flössen zu wenig in die Politik der Partei ein. Schuld daran ist für ihn die CDU-Generation um Merkel. Zeitweilig war Junge Mitglied der rechtspopulistischen Splitterpartei »Die Freiheit«, die inzwischen vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Schon 2011 trat Junge bei »Die Freiheit« wieder aus, vor drei Jahren ging er zur AfD. »Der Islam ist keine Religion des Friedens«, sagte der frühere Berufssoldat, der mit der Bundeswehr in Afghanistan stationiert war, der Zeit. Seit den Anschlägen vom 11. September und seiner Zeit als Soldat beschäftigte er sich mit dem Islam und besuchte regelmäßig Moscheen in Hamburg, wobei er auch an Gebeten teilnahm. Sein Fazit aus diesen Erfahrungen lautet: »Der Islam passt nicht zu unserer Kultur und zu Deutschland.«

Also auch nicht zu Rheinland-Pfalz. CDU und AfD bedienen und schüren dort rechte Ressentiments. Die beiden ­Parteien grenzen sich von einander ab, ihre Parolen jedoch ähneln sich immer mehr.