»Über die Maßen gealtert«

Body Blaming. Eigentlich ist es ein Klassiker in rechten Schmuddel-Blogs: die Verächtlichmachung von Angela Merkels Äußerem; dass sie zu dick, zu faltig und zu hässlich sei, heißt es dann, und dazu werden möglichst unvorteilhafte Fotos gepostet. Jetzt haut der Spiegel in dieselbe Kerbe. Dort hat man festgestellt, dass die Flüchtlingskrise die Bundeskanzlerin ziemlich alt aussehen lässt und auch gleich einen Experten konsultiert. Im Interview soll der Arzt Anupam Jena von der Harvard Medical School eine Ferndiagnose abgeben über Merkel, die laut Spiegel »über die Maßen gealtert« scheine. »Hochrangige Politiker haben Stress«, erklärt der Arzt recht allgemein, ihnen »fehlt die Zeit zu körperlicher Bewegung und zum Schlafen«. Der Spiegel will es aber genauer wissen und hakt nochmal nach: »Beschleunigen akute Krisen wie der Flüchtlingsansturm den Alterungsprozess?« »Durchaus«, antwortet der Anti-Aging-Experte und erklärt, »dass Frau Merkel derzeit schneller altert als in ruhigeren Zeiten«. Also: Mehr Schlafen, mehr Yoga machen und weniger Gipfel, Frau Merkel, sonst ­meckert die Bildredaktion des Spiegel. her
Mit zartem Kampflied
Pariser Kommune. »Am Morgen des 18. März 1871 wurde Paris geweckt durch den Donnerruf: ›Es lebe die Kommune!‹«, schrieb Karl Marx über die Proklamation der Pariser Kommune. Etwas ruhiger ging es am Freitag voriger Woche in Berlin zu. Über Hundert Menschen versammelten sich zum 145. Jahrestages der Kommune in dem Bar-25-Nachfolgeclub Kater Blau, der Teil eines geplanten »Kreativdorfes« an der Spree ist. Lukas Holfeld von der Zeitschrift Kunst Spektakel Revolution stellte die historischen Ereignisse in einem Vortrag dar, Szenen aus einem Roman des kürzlich verstorbenen Umberto Eco dienten der atmosphärischen Untermalung, ein Ausschnitt aus Peter Watkins’ Filmepos »La Commune« verdeutlichte die Vorgänge. Das Berliner Tippel Orchestra interpretierte Lieder der Arbeiterbewegung von Brecht und Eisler. So ging es dann in die Nacht, mit einem zarten »Vorwärts, und nicht vergessen«. jch
Glückliche Dänen
World Happiness Report. Beinahe jeder Schleswig-Holsteiner kennt den berüchtigten Sog, der sich pünktlich zur Urlaubszeit einstellt und immer aus dem Norden kommt. Aus Dänemark, Sehnsuchtsort gelangweilter norddeutscher Kleinfamilien, die ins Ausland reisen wollen – aber auch nicht so richtig. Der Däne ist nämlich mehr als nur ein Nachbar, er ist Teil des eigenen Landes, ständig ist von seinem politischen Arm im Landtag zu hören. Und ist man dann dick bepackt unterwegs zum abgelegenen Urlaubshäuschen an der Nordseeküste, lässt sich die Ähnlichkeit zu Schleswig-Holstein bei keinem Blick aus dem Au­tofenster leugnen. Auch Dänemark geizt nicht mit Reizarmut. Wieso aber sind die Dänen so viel glücklicher als die Deutschen? Zum dritten Mal schon belegen sie den ersten Platz des »World Happiness Report« der Vereinten Nationen, der die Zufriedenheit von 157 Nationen miteinander vergleicht. Liegt es daran, dass schlechte dänische Löhne immer noch vergleichsweise gut sind? Oder sind die Stimmungsaufheller Schuld, mit denen in Dänemark auch Jugendliche nicht eben zurückhaltend behandelt werden? Macht das dänische Mittelmaß die Menschen glücklich oder sorgt die Zufriedenheit der Bevölkerung für die Allgegenwart des Mittelmaßes? Für den Urlauber sind die Gründe sekundär. Ab nach Dänemark: Glück ist machbar. oko