Eine Ausstellung über antisemitische und rassistische Aufkleber

Antifas im Museum

In der Lausitzer Straße in Berlin-Kreuzberg sitzt das Antifaschistische Pressearchiv und Bildungszentrum Berlin e. V., kurz Apabiz. Hier wird gesammelt, was die extreme Rechte publiziert und verbreitet. In Dutzenden Regalen stapeln sich Zeitschriften, Broschüren, Kleidungsstücke und Musikträger. Zudem speichert das Apabiz auch, was Neonazis im Internet von sich geben. Unter den zum Teil recht skurrilen Sammelobjekten befinden sich auch jede Menge Aufkleber, abgekratzt im öffentlichen Raum, von den Produzenten erworben oder auf wundersame Weise im Briefkasten des Apabiz gelandet. Diese Vielfalt an Propagandamaterialien unterscheidet das Apabiz von wissenschaftlichen Archiven an Universitäten, die in der Regel nur Schriftstücke wie Parteiprogramme und Flugschriften aufbewahren. Nun ist die antifaschistische Sammelwut zu höchsten staatlichen Ehren gekommen. Im Deutschen Historischen Museum (DHM) in Berlin sind zurzeit Exponate des Apabiz zu besichtigen, in der Ausstellung »Angezettelt – Antisemitische und rassistische Aufkleber von 1880 bis heute«. Die Schau ist kuratiert worden vom Zentrum für Antisemitismusforschung der Technischen Universität Berlin (ZfA) und dem DHM. Eine ähnliche Ausstellung hatte das ZfA schon 2014 im Frankfurter Museum für Kommunikation gezeigt; die Sektionen mit antisemitischen Aufklebern aus der Kaiserzeit, der Weimarer Republik und dem Nationalsozialismus sind gleich geblieben.
An Adolf Hitlers Geburtstag wurde »Angezettelt« in Berlin eröffnet. Am Abend führten das ZfA und die Verleiher der Exponate durch die Ausstellung, zu denen das Apabiz, Irmela Mensah-Schramm und ein Jugendlicher aus Hoyerswerda zählen. Mensah-Schramm dokumentiert und entfernt seit 30 Jahren Nazi­propaganda aus dem öffentlichen Raum. Hierfür reist sie durch ganz Deutschland. Sie nennt diese Touren an diesem Abend »Urlaub«. Auf einer Folie zeigt Mensah-Schramm, wo sie schon überall mit Spachtel, Lappen und Übermalfarbe gewesen ist. Es gibt auf der Deutschlandkarte kaum eine Ecke, wo sie keinen roten Punkt eingezeichnet hätte. Zur Belustigung sagt die Rentnerin: »Deshalb habe ich Bahncard 50.« Weniger belustigend sind die Reaktionen von Neonazis auf ihren Einsatz. So verkleben Neonazis Aufkleber mit der Aufschrift: »Wenn die Schramm abkratzt, stört das nicht wirklich.« Auch handgreiflich wurden sie bereits gegen die Frau. In der Ausstellung ist eine Glasvitrine zu sehen mit 60 der 81 Ordner, die Mensah-Schramm mit abgekratzten Aufklebern gefüllt hat. Alle ein bis zwei Monate komme ein neuer Ordner hinzu, erzählt sie.
Dann fasst Nora Walden vom Apabiz ihre Beobachtungen zu rechtsextremen Aufklebern zusammen. Über die Jahre habe sich die »Themenpalette nicht verändert«, sagt sie. »Es verschieben sich nur die Schwerpunkte.« Heute sei es aber leichter und wesentlich billiger für Einzelpersonen, rassistische und antisemitische Sticker herzustellen. In der Form finde also eine Diversifikation statt, der Themenkatalog bleibe aber gleich: Rassismus, Antisemitismus und andere Ungleichwertigkeitsideologien.