Homestory

Ein rauschendes Fest war angekündigt, ein rauschendes Fest wurde es. Mit der Testcard, dem Label Altin Village & Mine und dem Conne Island feierte die Jungle World vergangenen Freitag den gemeisamen 85. Geburtstag. »Sehr lustig« sei es gewesen, heißt es aus der in Abteilungsstärke angereisten Geschäftsführung. Und »sehr voll«. Was dem am meisten fußballaffinen Mitglied dieser Abteilung besonders auffiel: Ein Riesenthema unter dem Leipziger Partypublikum war der anstehende Heimauftakt der Fußball-Bundesligamannschaft von RB Leipzig. Die »strammen Antideutschen« seien allesamt glühende Fans des Vereins, der unter den eher traditionsorientierten Mitgliedern der linken Fußballszene als böser Plastikretortenclub gilt, der sich von einem Brausehersteller habe kaufen lassen.
Dabei ist die Leipziger Fußballlandschaft für Außenstehende ohnehin ziemlich verwirrend. Lokomotive, VfB, Chemie, Sachsen, Roter Stern, Rote Bullen – herrje! Wer war da nochmal links, wer rechts? Wer wurde nach welcher Insolvenz wie umbenannt? Und wo ist die Sportredakteurin, wenn man sie zur Beantwortung solch komplizierter Fragen braucht?
Dabei gilt das Hauptinteresse der Redaktion zurzeit ohnehin nicht Leipzig, sondern Brüssel. Dort wird die Jungle World nämlich ab Ende September ihre diesjährige Auslandsausgabe produzieren. Der bekannteste und erfolgreichste Fußballverein Brüssels, der Royal Sporting Club, kommt übrigens gar nicht aus Brüssel, sondern aus Anderlecht. Das gehört zwar zur Region Brüssel-Hauptstadt, ist aber eine eigene Stadtgemeinde.
Wie auch das nördlich an Anderlecht grenzende Molenbeek. Das »gilt heute weltweit als Symbol für den grassierenden Radikalismus in Belgien«, wie bei Wikipedia zu lesen ist. Das freilich dürfte nicht im Marx’schen Sinne gemeint sein: »Radikal sein ist die Sache an der Wurzel fassen.« Der in Molenbeek blühende salafistische Islamismus orientiert sich weniger an Marx als an Mohammed. Dennoch, oder vielleicht gerade deswegen, bereitet man sich in der Jungle World-Redaktion bereits intensiv auf investigative Vor-Ort-Recherchen vor – die ersten Vollbärte sprießen schon. Auch auf die Gefahr hin, mal wieder der cultural appropriation bezichtigt zu werden.
Wie in jedem Jahr gibt es die Möglichkeit, ein Probeabo über fünf Ausgaben der Jungle World für nur zehn Euro zu bestellen – inklusive der fetten Auslandsnummer aus Brüssel. Neben Jihad gibt’s in der Ausgabe auch lekker Pommes, EU-Bürokratie und Knastdirektoren, Punks und Separatisten. In den Büros der Jungle World stapeln sich jedenfalls schon jede Menge handausgefüllte Aboflyer, die die Handschriftenentschlüsselungsexperten in der Geschäftsführung zu Höchstleistungen (und dem einen oder anderen Fluchen) treiben. Einfacher wäre es natürlich, wenn die Probeabonnierenden ihr Probeabo gleich online unter www.jungle-world.com/lekker abschließen würden. Schließlich machen wir unsere Zeitung ja auch nicht handschriftlich.