»Jetzt kommt erstmal der Sommer«

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3. Juni 1997. Kurz vor dem Ende der Besetzung der Redaktionsräume der Jungen Welt, deren Chefredakteur Klaus Behnken war, entstand dieses Interview für eine Videodokumentation. Klaus ist darauf im Flur der besetzten Redaktionsräume auf dem Boden sitzend mit seiner obligatorischen Roth-Händle in der Hand zu sehen. Er spricht wie immer leise, nachdenklich, schmunzelt oft.
Wie viele Tage sind wir jetzt schon hier? Hast du ’ne Ahnung?
Heute ist der 14. Tag.
Und warst du jeden Tag hier?
Ich war jede Nacht hier und jeden Tag. Aber ich habe zweimal, nein dreimal, außerhalb geduscht.
Aber du hast jede Nacht hier gepennt?
Ja.
Und?
Ich hab das erste Mal in meinem Leben in einem Schlafsack geschlafen.
Ach, komm …
Ja.
Das gibt’s doch gar nicht!
Das haben sie erreicht immerhin.
Wie, du bist nie campen gefahren?
Doch. Aber zu der Zeit, als ich noch etwas jünger war, da hat man in Wolldecken geschlafen in den Zelten. Wir kannten gar keine Schlafsäcke.
(Lachen) Jedenfalls … Das war ja damals in der DDR und da gab’s keine Schlafsäcke. Nur Wolldecken bei den Jungen Pionieren …
Und wie waren die letzten 14 Tage für dich?
Ach, es war gut. Wenn wir erstmal das Politische außen vor lassen, war das sehr angenehm. So angenehm war das Zusammenleben bei der Jungen Welt nie in den drei Jahren, in denen ich hier bin, mit den anderen Leuten. So wie man miteinander umgegangen ist, sich umeinander gekümmert hat … Das war schon ’ne ganz gute emotionale Erfahrung.
Und jetzt bist du aber trotzdem richtig enttäuscht? Oder hast du schon abgeschlossen?
Nee, nicht richtig enttäuscht. Abgeschlossen: Ja, da stehen meine Kisten mit meinen Büchern, meinem Computer und alles … Auch wenn man gute Erfahrungen gemacht hat während der Besetzung, habe ich mir keine Illusionen gemacht, … dass ich zumindest gehen werde. Und dass natürlich der Geschäftsführer und seine Bande am längeren Hebel sitzen.
… (Schweigen)
Und was kommt jetzt?
Eigentlich wollte ich sagen, habe ich bis vorgestern gesagt: Jetzt fahr’ ich erstmal weg, und jetzt kommt der Sommer … . Kannst du dir vorstellen, wie das alles gewesen wäre, wenn das im Herbst oder im Winter passiert wäre, bei dieser depressiven Stimmung? Nein, jetzt kommt erstmal der Sommer und … Nun ja. Nun sind wir aber inzwischen so weit, dass wir das neue Projekt mit der Wochenzeitung oder Zweiwochenzeitung diskutieren. Das heißt, es wird doch nichts mit dem Urlaub.

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