Korrupte Angehörige afrikanischer Regime stehen in Frankreich vor Gericht

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In Frankreich wurden erstmals Prozesse gegen korrupte Angehörige der Regimes von Äquatorialguinea und der Republik Kongo eröffnet. Doch auch französische Unterstützer autokratischer Herrscher könnte es demnächst treffen.

Das Plädoyer des Verteidigers Sergio Esono Abesio Tomo im Pariser Justizpalast war einfallsreich: »Wenn wir die Nebenklägerpartei mit ihren Massenvernichtungswaffen hier in diesen Saal eintreten lassen, dann flieht das Recht durch die Fenster hinaus. Wenn wir die Politik in den Justizpalast eintreten lassen, dann bleibt dem Recht nur noch, sich ein Hotel zu suchen.« Tomo war früher einmal Vorsitzender Richter am Verfassungsgericht seines Landes gewesen.

Bei diesen handelt es sich um die rund 800 000 Einwohner zählende Erdölrepublik Äquatorialguinea, eine frühere spanische Kolonie, die 1968 unabhängig wurde. Als Spanien seine Rolle als neokoloniale Hegemonialmacht dort nicht mehr wahrnahm, übernahm Frankreich diese. Französisch wurde in Äquatorialguinea 1997 zur zweiten Amtssprache erhoben. Seit 1979 wird das Land vom Autokraten Teodoro Obiang Nguema Mbasogo regiert. Der Präsident kann sich seinen megalomanen Führungsstil dank des seit nunmehr 20 Jahren ausgebeuteten Ölreichtums vor den Küsten des Landes leisten.
Sein Sohn, Teodoro Obiang Nguema Mangue, zunächst Präsidentenberater und inzwischen Vizepräsident, ist entsprechend verwöhnt und seit jungen Jahren daran gewöhnt, in die Staatskasse greifen zu können, wie es ihm beliebt. Sein Lieblingsort, um dieses Geld mit vollen Händen auszugeben, ist Paris. Rund 150 Millionen Euro soll er in der französischen Hauptstadt gelassen haben. Der junge Obiang lässt auch gerne mal ein paar seiner in den USA geparkten Lieblingsautos vom Typ Bentley oder Rolls Royce per Flugzeug über den Atlantik transportieren.

Solche Ausgaben machten allerdings im Lauf der Jahre einige NGOs auf ihn aufmerksam, die weltweit gegen Korruption tätig sind, wie Transparency International und Sherpa. Sie erstatteten Strafanzeige und hatten damit Erfolg. Die »Unterschlagung von Gesellschaftsvermögen« (abus de biens sociaux) ist im französischen Recht ein strafbares Delikt, ob sie nun auf Kosten eines privaten Unternehmens oder eines Staats begangen wird. Entgeht dem äquatorialguineischen Staat oder dessen Bevölkerung ein Vermögen, dann geht das die französische Justiz zunächst einmal nichts an – denn der Tatort liegt in Afrika. Anders sieht es jedoch aus, wenn die Straftat der Hehlerei mit dem hinterzogenen Vermögen auf französischem Boden begangen wird – das fällt unter französisches Recht. Ein Großteil der vom Präsidentensohn ausgegebenen 150 Millionen Euro war nachweislich nicht legal erworben. Das offizielle Jahresgehalt Obiangs beträgt umgerechnet nur 100 000 Euro.

Seit über zehn Jahren kämpfen NGOs wie die oben genannten, die vor allem für saubere Praktiken im Wirtschaftsverkehr eintreten, aber auch stärker menschenrechtlich organisierte Vereinigungen wie die französische NGO Survie gegen die Praktiken kleptokratischer Regime in Afrika. Im Fall Teodoro Obiangs kam es erstmals zu einer Anklage und zu einem Prozess, auch wenn der Angeklagte an keinem Verhandlungstag erschien. Einem gerichtlich angeordneten psychologischen Gutachten entzog er sich ebenfalls.

Am letzten Sitzungstag in Paris, am 5. Juli, forderte die durch das Verhalten des Angeklagten verärgerte Staatsanwaltschaft drei Jahre Haft, eine Geldstrafe von 30 Millionen Euro und eine Beschlagnahmung der illegal erworbenen Güter und Immobilien. Über das Urteil wird bis zum 27. Oktober beraten. Sollte es die Strafforderung der Anklagebehörde bestätigen, müssten auch andere, großteils von Frankreich unterstützte afrikanische autokratische Regimes sich erhebliche Sorgen machen.

Zu ihnen zählen jene der Erdölrepubliken Gabun und Kongo. In der vorletzten Juniwoche wurden in Paris etwa Strafverfahren gegen Julienne Sassou-Nguesso, die Tochter des Präsidenten der Republik Kongo, und ihren Ehemann Guy Johnson in ähnlicher Angelegenheit eröffnet. Damit scheint eine langjährige Ära der Straflosigkeit für die Potentaten und ihre Kinder zu Ende zu gehen. Noch unter Präsident Jacques Chirac wurden etwa am 3. April 2004 Staatsanwälte gegen drei Uhr morgens aus dem Bett geholt, um den damaligen Polizeichef der Republik Kongo, Jean-François Ndengue, aus der Untersuchungshaft zu holen und ausreisen zu lassen. Ihm wurde ein Verbrechen gegen die Menschheit zur Last gelegt, das auch in Frankreich verfolgt werden kann, nachdem im Mai 1999 rund 350 entwaffnete ehemalige Bürgerkriegsgegner Sassou-Ngessos spurlos »verschwanden«. Die Staatsanwälte gewährten ihm jedoch damals auf Druck der französischen Exekutive »diplomatische Immunität«.

Die Justiz könnte nun auch dazu beitragen, der Straflosigkeit für an Verbrechen in Afrika beteiligte französische Entscheidungsträger ein Ende zu bereiten. Am 28. Juni reichten die NGOs Sherpa, Survie und Ibuka neue Strafanzeigen gegen französische Institutionen wegen ihrer Verwicklungen in den Völkermord in Ruanda 1994 ein. Eine Anzeige zielt dabei auf die Pariser Bank BNP. Diese ermöglichte im Frühjahr 1994 einen Waffenkauf der international isolierten ruandischen »Interimsregierung« während des Genozids. Das Geld floß an einen südafrikanischen Waffenhändler und früheren Berater des Apartheid-Regimes, Willem Tertius Ehler. Die Ermittler gehen jedoch inzwischen davon aus, dass die BNP nicht ignorieren durfte, worum es in Wirklichkeit ging, denn als Garant der Überweisung trat die ruandische Nationalbank auf.