Der Fußballer Deniz Naki entging knapp einem Mordanschlag

In der Schusslinie

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Schüsse auf einer Autobahn aus einem fahrenden Auto. Ein Projektil verfehlt den Hinterreifen eines anderen Autos nur knapp, ein zweites schlägt zwischen beiden Fenstern der Fahrerseite ein. Was an eine Szene in einem Actionfilm erinnert, wurde für den deutsch-kurdischen Fußballprofi Deniz Naki am Sonntag Realität. Am späten Abend des 7. Januar war Naki auf der Autobahn A4 in der Nähe von Düren, seinem Geburtsort, unterwegs. Ein schwarzer Kombi überholte ihn links. Als Naki die aus diesem abgegebenen Schüsse bemerkte, duckte er sich und kam mit seinem Auto auf dem Standstreifen zum Stehen. Er blieb unverletzt. Das Auto der Angreifer fuhr davon. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft Aachen wegen eines versuchten Tötungsdelikts.

Mögliche Motive für dieses Attentat erschließen sich bei einem Blick auf Nakis Karriere. Einst galt er als Publikumsliebling beim FC St.Pauli, für den er auch in der Bundesliga spielte. Derzeit tritt der 28jährige für den türkischen Drittligisten Amed SK aus Diyarbakır an. Der Wechsel in die dritte Liga war auch als politisches Statement zu verstehen. Amed ist der kurdische Name der Stadt Diyarbakır. Er steht für den kurdischen Widerstand gegen die Unterdrückung durch die türkische Regierung. Die Stadt selbst ist seit Jahren Schauplatz des bewaffneten Konflikts zwischen der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und dem türkischen Staat.

Naki ist der Star des Amed SK. Seinen Siegtreffer im Achtelfinale des türkischen Pokals 2016 widmete er in einem Facebook-Eintrag den Opfern in den kurdischen Gebieten. Nach Nakis Kritik am Vorgehen des türkischen Militärs im kurdisch geprägten Südosten der Türkei wurde er nicht nur sportlich bestraft (zwölf Spiele Sperre), sondern auch von einem türkischen Gericht in zweiter Instanz zu 18 Monaten und 22 Tagen Haft auf Bewährung verurteilt. Ihm wird Terrorpropaganda für die PKK vorgeworfen. Dass er sich immer wieder mit kurdischen Opfern solidarisiert, macht ihn auch außerhalb des Fußballplatzes zum Politikum – und lässt ein politisches motiv für die Schüsse auf sein Auto vermuten. »Ich wusste immer, dass so etwas kommen kann. Aber dass mir so etwas in Deutschland ­passiert, damit hätte ich nie gerechnet«, sagte Naki der Welt. Der Vorfall zeigt, dass türkische Oppositionelle auch in Deutschland längst nicht mehr sicher sind. ­Einschüchtern lassen wolle er sich davon aber nicht, so Naki.