Nazis haben in Salzwedel ein alternatives Jugendzentrum überfallen

Einzeltäter mit Gruppenanschluss

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In einer weiteren Pressemitteilung nahmen die Betroffenen in der ver­gangenen Woche Stellung zu den Entwicklungen und den Aussagen der ­Polizei: Sie hätten als Trägerverein »Kultur und Courage e. V.« entgegen den ­Behauptungen der Polizei sehr wohl über einen Rechtsanwalt Strafanzeige gestellt. Zudem kritisieren sie den Umgang der Stadt mit dem Vorfall und das Ausbleiben einer Positionierung ­»gegen die aktuell anhaltende rechte Gewalt«. Nach den großflächigen ­Nazischmierereien im Oktober 2013 habe es einen »breiten Aufschrei in der Stadt und Positionierungen gegen die Nazis« gegeben, derzeit aber herrsche »Schweigen beim Großteil der Politik und der jetzigen Oberbürgermei­sterin«, heißt es in dem Schreiben. »Die Stadt bewegt sich überhaupt nicht«, sagte eine Frau, die sich im AZ engagiert, der Jungle World. Es entstehe der Eindruck, man wolle den Vorfall lieber totschweigen.

Zudem haben die Angegriffenen wenig Verständnis für die Aussage der ­Polizei, in Salzwedel gebe es kein organisiertes rechtsextremes Milieu. ­»Nazis aus Salzwedel und anderen Städten der Altmark« seien gemeinsam auf Aufmärschen anzutreffen und machten auch weiterhin Jagd auf politisch Andersdenkende, heißt es in der Pressemitteilung.

Der AfD im Landtag von Sachsen-­Anhalt werfen die Betreiber des AZ angesichts wiederholter Warnungen der Partei vor »linkem Terror« in der Stellungnahme eine »Täter-Opfer-Umkehr« vor. Auch André Poggenburg, der frühere Fraktionsvorsitzende der AfD im Landtag und prominentes Mitglied des völkischen Parteiflügels, warnt vor der »kriminellen und terroristischen Energie« des linken Milieus in Deutschland und ist bezeichnenderweise Vor­sitzender einer Enquete-Kommission des Landtags, die den »Linksextre­mismus« in Sachsen-Anhalt untersuchen soll. Viele Abgeordnete der regierenden CDU hatten im August 2017 für den AfD-Antrag gestimmt, die Kommission einzusetzen. Allerdings ist die Zahl rechtsextremer Straftaten in dem Bundesland deutlich höher als die der als linksextrem erfassten Straftaten. Deshalb wies Thomas Kliche, Politikpsychologe an der Hochschule Magdeburg-Stendal, darauf hin, dass die AfD mit der Kommission auf »Rufmord an Organisationen« abziele, die sich »für Zivilgesellschaft eingesetzt haben und Ausgrenzung entgegengetreten sind«.

Das wird auch angesichts eines »Sachverständigen« deutlich, den Poggenburg in die Kommission eingeladen hat: Christian Jung ist Mitautor des Buches »Der Links-Staat«, in dem die Autoren nach »jahrelangen und aufwendigen Recherchen präsentieren«, wie die »linksextreme Antifa« erhebliche »Unterstützung durch den Staat, ­sowohl finanziell als auch logistisch«, erfahre – und »das alles finanziert mit Steuergeldern und verdeckten Kapitaltransfers«.