In Bulgarien wurde ein antisemitischer Nationalist offiziell geehrt

Ausgezeichneter Antisemit

Es war ein schönes Geburtstagsgeschenk. Am 4. Oktober zeichnete das bulgarische Verteidigungsministerium den 96jährigen Veteranen Djanko Markow für seinen »patriotischen Einsatz« als Soldat und Bürger aus und bescheinigte ihm »Würde und Ehre«.
Dies blieb nicht unwidersprochen. »Die verliehene Auszeichnung insti­tutionalisiert die Verherrlichung von Personen mit nachweislich früherer und gegenwärtiger nationalsozialistischer Zugehörigkeit und setzt die ­Republik Bulgarien auf die beschämende Liste von Ländern, in denen Nationalsozialismus und Faschismus auf ­Regierungsebene begünstigt werden«, kritisierte »›Carmel‹ B’nai B’rith 335«, eine der ältesten jüdischen Organisationen Bulgariens den Vorgang. Auch die Organisation »Schalom« fand die Ehrung inakzeptabel: »Als Mitglied einer langjährigen profaschistischen und antisemitischen Organisation wie des Bundes der Bulgarischen Nationalen Legionen verdient er es nicht, für seine Versuche, neue Generationen von Legionären und Greifvögeln auszubilden, ermutigt zu werden.« Die »Antifa Bulgaria« kritisierte die Ehrung ebenfalls auf ihrer Facebook-Seite. In der weitgehend nationalistischen und regierungsnahen bulgarischen Presse war allerdings kein kritischer Ton zu vernehmen.

Der 1932 gegründete Bund der Bulgarischen Nationalen Legionen (SBNL) war eine antikommunistische, antisemitische, nationalistische und später auch faschistische Organisation. Markow wurde 1922 in Pleven geboren und war vor seiner Zeit als Soldat bereits Mitglied im SBNL, dessen lokaler Ableger von Markows Vater gegründet worden war. 1933 übernahm Christo ­Lukow die Führung des SBNL, 1935 ­wurde Lukow bulgarischer Kriegsminister. Bereits vor dem Zweiten Weltkrieg knüpfte er Kontakte zum nationalsozialistischen Deutschland. Nachdem ­Bulgarien als Verbündeter der Achsenmächte in den Krieg eingetreten war, wurden 13 000 Jüdinnen und Juden aus den bulgarisch besetzten Gebieten in die deutschen Konzentrations- und Vernichtungslager deportiert. In einem Dokument vom 26. Mai 1943 drohten die Legionäre den bulgarischen Jüdinnen und Juden, sie über die bulgarische Grenze und in die Konzentrationslager zu schaffen. Im Programm der Legio­näre von 1943 stand als erster Punkt die »Bekämpfung der Zerstörung des bulgarischen Staats durch das Judentum«; im Logo ihrer Jugendbewegung war ein Hakenkreuz zu sehen.

Lukow wurde am 13. Februar 1943 von den kommunistischen Partisanen Iwan Burudschiew und Violeta Yakowa in Sofia erschossen, der SBNL zerfiel. Allerdings erinnern bulgarische Rechtsextreme heutzutage noch an den Nazikollaborateur. Auch Hakenkreuze werden immer wieder auf dem jährlichen neonazistischen Lukow-Marsch durch Sofia gezeigt, an dem auch deutsche Neonazis regelmäßig teilnehmen (Jungle World 6/2018).

Markow war im Zweiten Weltkrieg Besatzungsmitglied eines Bombers, auch noch zu der Zeit, als die Rote Armee in Bulgarien bereits einmarschiert war; am 8. und 9. September 1944 hatte sie das Land besetzt. Nach dem Ende des Realsozialismus wurde Markow ­rehabilitiert, von 1990 bis 1995 war er Parteivorsitzender des nationalistischen Bulgarischen Demokratischen Forums – und nun wurde er sogar ausgezeichnet.

In einem Dokument vom 26. mai 1943 drohten die Legionäre den bulgarischen Jüdinnen und Juden, sie über die bulgarische Grenze und in die Konzentrationslager zu schaffen.

Dass es so weit kam, liegt daran, dass das Verteidigungsministerium in der Hand der rechtsextremen Partei Bulgarische Nationale Bewegung (IMRO-BNB) ist. Verteidigungsminister und Vor­sitzender der IMRO-BNB ist Krassimir Karakatschanow. Die Partei bezeichnet sich als »panbulgarische nationale Bewegung«. Sie fordert die Einverleibung der Republik Mazedonien in ein großbulgarisches Reich. 2017 zog sie als Teil des Wahlbündnisses Vereinigte Patrioten (OP) in das bulgarische ­Parlament ein, wo sie als kleiner Partner mit der konservativen Partei GERB, Mitglied der europäischen EVP-Fraktion, die Regierung bildet. Die Vereinigten Patrioten sorgten 2017 für einen internationalen Skandal, als alte Fotos von ihren Abgeordneten ver­öffentlicht wurden, auf denen diese den Hitlergruß zeigen. Der Minister für Wirtschafts- und Bevölkerungspolitik, Waleri Simeonow (OP), ­wurde bereits einmal wegen Hassrede verurteilt (Jungle World 51/2017).

Die Auszeichnung eines antisemitischen Legionärs wie Markow bestätigt die Befürchtungen einer weiteren Stärkung des Rechts­extremismus in Bulgarien. Gerade junge Männer schließen sich verstärkt der IMRO an, Abgeordnete fallen durch rassistische, antisemitische und antiziganistische Äußerungen auf und in den Vororten terrorisieren rechtsextreme Biker-Gruppen die dort lebenden Roma, während die Polizei dabei zusieht.