Bis sie verglühen
Er sucht das Scheinwerferlicht wie eine Motte die Nachttischlampe; mal ist er unglaublich heiß, dann wieder eiskalt; und in seinem Inneren geschehen Dinge, die wir immer noch nicht ganz verstanden haben: Der Merkur ist die FDP unter den Himmelskörpern. Mit der Partei teilt er überdies das Schicksal, dass man schon lange nichts mehr von ihm gehört hat. Das soll sich ändern: Am 20. Oktober startete das Forschungsraumschiff »Beppe Grillo« in Richtung Zentralgestirn, um rechtzeitig vor dem Abschmelzen in eine Bahn um den Merkur einzuschwenken und ein paar freche Fotos von dem hotten Einzelgänger zu schießen.
Ein wichtiges Forschungsvorhaben ist zu klären, ob der Merkur einen geschmolzenen oder einen harten Kern hat – ähnlich der den Liberalen seit Jahrzehnten gestellten Frage, ob sie lediglich für Spaß und Steuersenkung stehen oder nicht doch ein seit der Gründung steinern nationalchauvinistisches Zentrum ihr eigen nennen. Für beide Varianten gibt es inzwischen grüne und braune Alternativen, ja nicht einmal als Mehrheitsbeschafferin für die CSU taugt die Partei noch, so dass man sich die Frage stellen muss, wohin es mit der FDP eigentlich geht.
Astrologisch jedenfalls ist der Merkur-Charakter der im Sternzeichen Schütze gegründeten Partei klar: Hier dominiert eine machtvolle Konjunkton Merkur-Sonne, per Trigon wurschtelt auch der Schatz- und Finanzgott Pluto mit hinein. Ihm geht es in den nächsten Wochen durch den heranrollenden Mars an den Kragen: »Im Extremfall«, so sagt das Deutungshandbuch, »kann es sogar zu Handgreiflichkeiten kommen!«
Ob eine weitere Finanzaffäre ins Haus steht oder Wolfgang Kubicki privat mit einem Steuerfahnder aneinandergerät, lässt sich jetzt noch nicht sagen; doch wäre die FDP wohl gut beraten, in das gemütlich-bräsige Fahrwasser eines Wolfgang Gerhardt zurückzukehren, bevor noch jemand verletzt wird. Und der liberale Merkur, wie von einigen Astronomen vorausgesagt, doch noch in die Sonne stürzt.